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Computersucht dominiert Gedanken und Handlungsfreiheit

Eine Sucht ist eine schwere Erkrankung. Die Verhaltenssucht ist ein noch relativ neuer Begriff und bezieht sich auf exzessiv betriebene belohnende Verhaltensweisen. Anders als bei stoffgebundenen Süchten - wie Alkohol-, Tabak-, Medikamenten- oder anderen Drogenabhängigkeiten - verursachen nicht Substanzen, sondern bestimmte Handlungen und damit verbundene Emotionen eine Abhängigkeit bei Menschen. Verhaltenssüchte wie ein abhängiger Computer- und Internetgebrauch können dabei viel Zeit einnehmen - die anderen Aktivitäten, Bedürfnissen, Gedanken und Impulsen dann nicht mehr zur Verfügung steht - und sich schwerwiegend auf das Leben von Betroffenen auswirken.

Erkenntnisse der letzten Jahre zeigen viele Parallelen zwischen Substanz- und Verhaltensabhängigkeiten auf und machen deutlich, dass Betroffene frühzeitig Hilfsangebote wahrnehmen sollten. „Die Hauptsymptome bei unterschiedlichen Suchtformen sind in wesentlichen Aspekten identisch, wobei die Präferenz des individuellen Suchtmittels offenbar größtenteils von äußeren Umständen oder biographisch verankerten Erfahrungen abhängig ist. Sämtliche Abhängigkeitserkrankungen scheinen in vergleichbaren Mechanismen im Gehirn verankert zu sein, wobei dem verstärkenden Belohnungssystem dabei eine zentrale Rolle zukommt. Das Gehirn lernt relativ schnell, ein bestimmtes Suchtmittel oder einen Hinweis auf ein Verhalten als positiven Reiz wahrzunehmen. Unterbleibt der Konsum bzw. die Nutzung, entsteht eine Art Belohnungsdefizit – mit der Folge, dass ein unkontrollierter Drang nach dem Suchtmittel oder Verhalten entsteht. Dieser Drang kann so stark sein, dass er die Gedanken-, Handlungs- und Entscheidungsfreiheit gänzlich dominiert und eben entscheidend eingeschränkt“, berichtet Prof. Dr. Anil Batra von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) mit Sitz in Berlin. „Ein Abhängigkeitssyndrom zeigt sich unter anderem in einer verminderten Kontrollfähigkeit über Zeitpunkt und Dauer des Konsums, Entzugserscheinungen und einem unwiderstehlichen Verlangen sowie einer Dosissteigerung. Auch eine zunehmende Bedeutung, den Lebensalltag auf die Umsetzung des belohnenden Stimulus auszurichten, ist typisch.“ In der Folge betreiben manche Menschen in einem so exzessiven Ausmaß bestimmte Verhaltensweisen wie Computer- oder Internetnutzung, dass sie in ihrem sozialen und beruflichen Leben eingeschränkt sowie in ihrer Gesundheit geschädigt werden.

Internet hat Anwendungsbereiche mit unterschiedlichem Suchtpotential

Mit der gewachsenen Verfügbarkeit der Internetnutzung und den facettenreichen Webangeboten und Anwendungsmöglichkeiten von Computern, hat auch die Gefährdung durch diese Medien zugenommen. Ein immer weniger limitierter Zugang zum Internet ermöglicht es, Verhaltensweisen wie Online- oder Glücksspiel-, sexueller Stimulation oder auch Kaufen quasi rund um die Uhr, von überall aus nachkommen zu können. „Der exzessive Computer- und Internetgebrauch kann dabei ganz unterschiedlich motiviert sein und sich auf verschiedene Bereiche beziehen wie Computerspiele, Glücksspiele, Online-Shopping oder sexuelle Inhalte. Auch kommunikative Anwendungen wie Chatrooms oder soziale Netzwerke, die ein Stück weit sozial-kompensatorische Eigenschaften haben, sind für manche Menschen besonders anziehend. Ein besonders starkes Suchtpotential scheint von Online-Rollenspielen, Glücksspielen sowie Sexportalen und Communitys auszugehen“, schildert der Suchtexperte der DGPPN.

Psychische Begleiterkrankungen liegen oft parallel vor

Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, dass begleitend zu einer exzessiven Internetnutzung oft weitere Probleme bestehen. „Menschen, die zu krankhafter Internetnutzung neigen, weisen manchmal gleichzeitig weitere psychische Störungen auf. Am häufigsten liegen affektive Störungen mit einer veränderten Stimmungslage sowie Angststörungen vor. Auch ADHS wurde nachgewiesen. Darüber hinaus können gleichzeitig stoffgebundene Süchte auftreten“, ergänzt Prof. Batra. „Unabhängig davon, ob die Internetsucht zuerst aufgetreten oder Begleitsymptom einer anderen Erkrankung ist, verdeutlicht dies die Wichtigkeit einer Therapie.“ Hilfe bieten vor allem motivierende Gespräche zur Förderung der Änderungsmotivation sowie eine Psychotherapie. Professionelle Hilfsangebote, beispielsweise an örtlichen Suchtberatungsstellen oder Fachambulanzen, sollten möglichst frühzeitig aufgesucht werden.

Epidemiologische Untersuchungen haben gezeigt, dass in Deutschland 2,1 Prozent der Bevölkerung von Internetsucht betroffen ist. Dieser Personenkreis erfüllt u.a. die Kriterien von Verlangen, Entzugserscheinungen und Toleranzentwicklung verbunden mit täglicher und übermäßiger Internetnutzung sowie größtenteils negativen psychosozialen und gesundheitlichen Folgen. Als Risikofaktoren gelten ein männliches Geschlecht und bestimmte soziale Faktoren, wie Unverheiratet sein und Arbeitslosigkeit sowie ein Studentendasein mit niedrigen Einkommen.

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