Die soziale Interaktion bei Menschen kann offenbar schon vorgeburtlich im Mutterleib ihren Ursprung nehmen, wenn es sich um Zwillingsschwangerschaften handelt. Zu dieser Erkenntnis kommen Forscher um Umberto Castiello von der Universität von Padova in Italien, die ihre Studie im Fachmagazin „Plos One“ (doi/10.1371/journal.pone.0013199) veröffentlich haben. Die Wissenschaftler beobachteten fünf embryonale Zwillingspaare mit Hilfe von 4D-Ultraschall. Beim 4D-Ultraschall wird das Verfahren des 3D-Ultraschalls, um eine vierte Dimension, die Zeit, ergänzt. Dadurch entsteht am Ultraschallmonitor ein ständig aktualisiertes, dreidimensionales Bild, in dem sich die Kindsbewegungen nahezu ohne zeitliche Verzögerung darstellen lassen. So kamen jeweils 20-minütige Videos der Babys zustande, die zwischen der 14. und der 18. Schwangerschaftswoche aufgenommen wurden.
Schon in der 14. Schwangerschaftswoche beobachteten die Forscher Berührungen zwischen den Kindern. Diese waren offenbar nicht rein zufällig, sondern es handelte sich um zielgerichtete Bewegungen, die das Geschwisterkind erreichen sollten. Kontakte im Bereich des Gesichtes – insbesondere der Augenpartie - des Geschwisters waren deutlich vorsichtiger, als am eigenen Körper. Auch wurden die Bewegungen öfters abgebremst als wenn sie etwa auf die Gebärmutterwand gerichtet waren. In der 14. Schwangerschaftswoche und noch viel stärker in der 18. Schwangerschaftswoche berührten sich die Babys untereinander öfter, als ihren eigenen Körper. Frühere Untersuchungen konnten zeigen, dass sich Zwillinge in der Gebärmutter bereits ab der 11. Schwangerschaftswoche gegenseitig berühren.
Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass bereits ab der 14. Schwangerschaftswoche soziale Interaktionen stattfinden, die vorsichtig ablaufen und in keiner Weise grob sind. Das deutet darauf hin, dass das menschliche Gehirn offenbar bereits im Mutterleib zu sozialen Kontakten fähig ist.
Quelle: Berliner ChariteStudie: (doi/10.1371/journal.pone.0013199)