Zeigen Kinder über mehrere Monate wiederholt aggressive Verhaltensweisen, halten sich nicht an Regeln und befolgen keine Anweisungen, kann dies auf eine Störung des Sozialverhaltens hindeuten. Beispiele für Verhaltensweisen, die darauf hinweisen, sind ein extremes Maß an Streiten oder Tyrannisieren, Grausamkeiten gegenüber anderen Menschen oder Tieren, erhebliche Destruktivität gegenüber Eigentum sowie Stehlen oder Lügen. Auch Ungehorsam schwere Wutausbrüche oder das Weglaufen von zu Hause sind mögliche Anzeichen. „In einem gewissen Umfang gehören Trotzverhalten und gelegentliche körperliche oder verbale Auseinandersetzungen zu normalen Entwicklungsphasen bei Kindern. Sie dienen der Erkundung des eigenen Einflusses, der Abgrenzung sowie der Identitätsentwicklung der Kinder“, erläutert Dr. Ingo Spitczok von Brisinski vom Vorstand des Berufsverbands für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie in Deutschland e. V. (BKJPP). „Bedenklich ist dieses Verhalten jedoch, wenn es sich über mehrere Monate regelmäßig und stark ausgeprägt zeigt oder sich negativ auf das Familienleben sowie andere soziale Bereiche, den Kindergarten oder die Schule auswirkt.“ In diesem Fall sollten die Beratung und Hilfe von einem Facharzt hinzugezogen werden, um die Gründe für das Verhalten abzuklären und gegebenenfalls therapeutische Maßnahmen zu ergreifen.
Die Ursachen für Störungen des Sozialverhaltens im Kindes- und auch Jugendalter sind vielfältig, es können das Erziehungsverhalten sowie Umweltfaktoren aber auch bestimmte Eigenschaften des Kindes eine Rolle spielen. „Nicht selten treten zusätzliche Störungen wie die Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörung oder emotionale Störungen parallel auf. Sie erhöhen zusammen mit einer starken Ausprägung von oppositionellem Verhalten das Risiko für einen langfristigen Verlauf für gestörtes Sozialverhalten“, ergänzt der Kinder- und Jugendpsychiater aus Viersen. Bei stabileren Störungen bestehen erhöhte Risiken, dass kein angemessener Schulabschluss erreicht wird und Probleme in der beruflichen Ausbildung auftreten. Ebenso können sich Folgeerkrankungen, wie Depressionen, Angststörungen und Abhängigkeitserkrankungen ausbilden.“
Für eine erfolgreiche Behandlung von Störungen des Sozialverhaltens sind frühzeitig einsetzende, umfassende Maßnahmen wichtig. Diese werden dann abhängig von den Ursachen für die Störung gestaltet und setzen in verschiedenen Bereichen an. Neben der am Patienten ausgerichteten Behandlung beispielsweise in Form einer Verhaltenstherapie, in der das Kind unter anderem lernt, impulsives oder aggressives Verhalten zu kontrollieren, muss in der Regel auch die Familie einbezogen werden. Elterntrainings können dabei helfen, die Alltagsbelastung in den Familien zu reduzieren. „Dabei werden Eltern beispielsweise Möglichkeiten aufgezeigt, dem Kind Regeln und Grenzen zu setzen und eine sinnvolle Kontrolle und Aufsicht wahrzunehmen. Auch werden sie dahingehend geschult, erwünschtes Verhalten beim Kind zu belohnen und positives Verhalten zu verstärken.“ Für eine wirksame Therapie ist eine kontinuierliche Behandlung mit konsequenten pädagogischen Maßnahmen wichtig.
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