Menschen, die unter einer Lese- und Rechtschreibstörung (Dyslexie) leiden, haben Probleme mit dem Lesen, dem Verstehen von Wörtern oder Texten und oft auch beim Reden. Eine Studie an der Yale University kam nun zu dem Ergebnis, dass sich die Intelligenz und die Dyslexie unabhängig voneinander entwickeln. Sie konnten damit den wissenschaftlichen Nachweis liefern, dass Personen mit dieser Teilleistungsstörung keinesfalls zwangsläufig in ihrer Intelligenz beeinträchtig sind. Die Untersuchung ist in der Fachzeitschrift Psychological Science veröffentlicht.
Beim Lesenlernen verknüpfen Kinder normalerweise mit Buchstaben einen bestimmten Laut, bis sich dieser Vorgang automatisch in ihrem Gehirn vollzieht. Kinder mit Dyslexie müssen diese Verbindung zwischen Laut und Buchstaben immer wieder bewusst herstellen. Jedes Mal wenn ein Kind mit Dyslexie ein Wort sieht, scheint es völlig neu für es zu sein. Es muss langsam lesen, wiederholt sich dabei oft und braucht daher gelegentlich eine Markierung, um nicht versehentlich in die falsche Zeile oder auf das falsche Wort zu rutschen. Ähnliche Probleme haben diese Kinder beim Reden. Sie können Wörter nicht so leicht aus ihrem Gedächtnis abrufen und sprechen deshalb nicht so flüssig.
Die amerikanischen Forscher um Prof. Sally E. Shaywitz hatten für ihre Arbeit die Daten der Connecticut Longitudinal Study verwendet. Diese beobachtete im Verlauf von 12 Jahren eine repräsentative Gruppe von 445 Schülern aus Connecticut in Bezug auf ihre geistige Entwicklung und ihr Verhalten. Prof. Shaywitz und ihre Kollegen testeten bei diesen Kindern jährlich die Entwicklung der Lesefähigkeit sowie des IQs. Dabei kamen die Wissenschaftler zu dem Ergebnis, dass sich die Lesefähigkeit bei Dyslexie und der IQ unabhängig von einander entwickeln und Personen mit Dyslexie nicht in ihrer Intelligenz beeinträchtigt sind.
Laut Prof. Sally E. Shaywitz beeinflussen sich Lesefähigkeit und Intelligenz-Quotient (IQ) in den meisten Fällen wechselseitig. So aber eben nicht bei Dyslexie-Betroffenen. Die Autoren hoffen nun, dass dieser Nachweis dabei hilft, Vorurteile gegenüber Menschen mit Dyslexie abzubauen. Betroffene „schauen oft über den Tellerrand hinaus, sie denken nicht in Schemata und helfen so Probleme zu lösen“, so Prof. Shaywitz.