Eltern sollten Kinderängste in jeder Altersklasse ernst nehmen und klären, wie ausgeprägt die Problematik ist. Indem Eltern auf die Befürchtungen ihrer Kinder eingehen, helfen sie ihnen am besten, ihre Ängste zu verstehen und zu überwinden. „Wenn Kinder sich vor der Dunkelheit, dem Alleinsein oder vor Monstern fürchten, können die Eltern durch tröstende Zuwendung und körperliche Nähe zunächst dem akuten Angstzustand seine Bedrohlichkeit nehmen. Im nächsten Schritt können sie ihrem Kind anbieten, gemeinsam der Ursache für die Angst auf den Grund zu gehen“, rät Dr. Ingo Spitczok von Brisinski vom Berufsverband für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (BKJPP). „Gelingt es Eltern über einen längeren Zeitraum nicht oder nicht mehr, durch Gespräche die Angst ihrer Kinder auf ein „normales“ Maß zu reduzieren, sollten sie beim Kinder- und Jugendpsychiater Hilfe suchen.“ Nicht immer sprechen Kinder jedoch über ihre Befürchtungen. Stattdessen kann sich die Angst in verschiedenen Verhaltensweisen wie Festklammern, dem Vermeiden von bestimmten Situationen sowie in Schlafstörungen und körperlichen Beschwerden wie Kopf- oder Bauchschmerzen äußern. Eltern sollten auf solch auffälliges Verhalten achten. Ängste im Kindes- und Jugendalter sind alterspezifisch und oft durch die jeweiligen Entwicklungsstufen bedingt, die eine veränderte Wahrnehmung der Umwelt und der Selbstwahrnehmung mit sich bringen. „So haben Babys zwischen sechs und neun Monaten häufig Angst vor Fremden, bei 1-Jährigen überwiegen Trennungs- und Verlustängste, 3- und 4-Jährige fürchten sich vor der Dunkelheit, dem Alleinsein oder Figuren, die ihnen etwas Böses wollen. Zwischen dem 6. und 12. Lebensjahr können sich parallel mit dem Schuleintritt Leistungsängste und soziale Phobien entwickeln, bei denen die Selbsteinschätzung und die Bewertung durch andere eine große Rolle spielen“, illustriert der Kinder- und Jugendpsychiater. Entwicklungsbedingten Ängste begleiten meistens eine Zeit der Veränderung. Sie verschwinden häufig von alleine, wenn das Kind die Entwicklungsstufe durchschritten hat und sich an die neue Situation gewöhnen konnte. In der Regel schaffen die meisten Kinder die Bewältigung ihrer Angst jedoch nicht ohne ihre Eltern. „Die Nähe zu Bezugspersonen ist wichtig, sonst können übergroße Ängste entstehen, die sich weit in die spätere Entwicklung ziehen. Auch müssen Eltern darauf achten, ob sie ihre eigenen Ängste oder ihr eigenes Vermeidungsverhalten weitergeben. Denn Kinder lernen unter anderem am Modell der Eltern, was sie als bedrohlich einschätzen“, ergänzt Dr. Spitczok von Brisinski. Wenn Ängste im Kinder- und Jugendalter den Alltag stark und anhaltend beeinträchtigen und zu Problemen in der Familie, im Kindergarten, in der Schule oder im Freizeitbereich führen, sollten sie unbedingt behandelt werden. Eine frühe und vorbeugende Behandlung kann einen chronischen Verlauf einer Angsterkrankung verhindern helfen. Die Heilungschancen sind gerade im Kindesalter gut.Schätzungsweise 5% der Kinder und Jugendlichen in Deutschland sind von Angststörungen betroffen. Angststörungen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen im Kinder- und Jugendalter.
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