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Multimodale kinderpsychiatrische Behandlung kann bei anhaltendem aufsässigem und aggressivem Verhalten von Kindern weiterhelfen

Zeigen Kinder über mehrere Monate wiederholt aggressives Verhalten und/oder ausgeprägtes oppositionelles Trotzverhalten, können Störungen des Sozialverhaltens dahinter stecken. Für eine erfolgreiche Behandlung von Störungen des Sozialverhaltens sind die richtige Diagnose und eine frühzeitig einsetzende multimodale Behandlung wichtig.

Zeigen Kinder über mehrere Monate wiederholt aggressives Verhalten und/oder ausgeprägtes oppositionelles Trotzverhalten (außerhalb der entwicklungstypischen „Trotzphase“), können Störungen des Sozialverhaltens dahinter stecken. Typische Symptome, die auf eine solche Störung hindeuten, sind häufiges Streiten oder Tyrannisieren, Grausamkeiten gegenüber Mitmenschen oder Tieren, erhebliche Destruktivität gegenüber Eigentum sowie Stehlen oder Lügen. Auch schwere Wutausbrüche sowie das Hinwegsetzen über soziale Regeln sind grundlegende Symptome. „Kinder müssen im Verlauf ihrer Entwicklung lernen, soziale Regeln einzuhalten, mit aggressiven Impulsen umzugehen und Wünsche angemessen durchzusetzen oder auf deren Befriedigung zu verzichten. Kinder, die von Störungen des Sozialverhaltens betroffen sind, tun sich dabei schwer“, berichtet Prof. Dr. Jörg Fegert, vom Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP) mit Sitz in Berlin. „Sie handeln oft nach ihrem ersten Impuls und verspüren dabei überschießende, schwer kontrollierbare Reaktionen. Auch werden soziale Interaktionen fehlerhaft wahrgenommen oder diese nach eigenen Kriterien interpretiert, was unangemessene Reaktionen zufolge haben kann.“ Für eine erfolgreiche Behandlung von Störungen des Sozialverhaltens sind die richtige Diagnose und eine frühzeitig einsetzende multimodale Behandlung wichtig, die sich aus verschiedenen Bausteinen zusammensetzt.

Die Therapie gestaltet sich abhängig von den Ursachen für die Störung und setzt in verschiedenen Bereichen an. Im Rahmen einer Verhaltenstherapie können betroffene Kinder lernen, impulsives oder aggressives Verhalten zu kontrollieren. „Oft müssen grundlegende soziale Fertigkeiten erworben und soziale Kompetenz entwickelt werden. Hilfreich dabei sind Rollenspiele, wobei die Kinder lernen, prosoziales Verhalten zu zeigen“, erklärt Prof. Fegert, der Ärztlicher Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Ulm ist. „Mit therapeutischer Begleitung können sie darüber hinaus dazu angeregt werden, die eigene Beurteilung sozialer Situationen zu überprüfen und unterschiedliche Perspektiven einzunehmen. Dies ist wichtig, um Missverständnisse und unangemessene Reaktionen bei Kind zu verhindern, die durch Fehleinschätzungen zustande kommen. Auch eine verbesserte Wahrnehmung eigener Gefühle kann erlernt werden, um Impulsivität besser kontrollieren zu können.“ Tritt zusätzliche eine Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörung auf, kann unter Umständen eine medikamentöse Begleittherapie die Behandlung unterstützen.

Neben der am Patienten ausgerichteten Behandlung ist es essentiell, auch die Familie - insbesondere die Eltern - in therapeutische Maßnahmen miteinzubeziehen. So genannte Elterntrainings sind hilfreich, um die Alltagsbelastung in der Familie zu reduzieren und, um das betroffene Kind bei der Umsetzung positiver Verhaltensweisen zu bestärken. „In Trainings können die Eltern dahingehend geschult werden, dem Kind Regeln und Grenzen zu setzen. Auch werden ihnen Möglichkeiten einer sinnvollen elterlichen Kontrolle und Aufsicht aufgezeigt“, ergänzt der Experte. „Denn eine wenig strukturierte, strenge sowie auch eine zu unklare oder widersprüchliche Erziehung kann Störungen des Sozialverhaltens begünstigen.“ Auch eine Aufklärung der Eltern ist wichtig, dass sie erwünschtes Verhalten beim Kind belohnen sollten, um sein positives Verhalten dadurch zu verstärken. Im Training können Eltern lernen, hierfür eigenständig Verstärkerpläne zu entwickeln. Auch werden im Elterntraining die Eltern-Kind-Aktivitäten angeregt und gefördert. Für eine wirksame Therapie ist eine kontinuierliche Behandlung mit konsequenten pädagogischen Maßnahmen wichtig.

Die Ursachen für Störungen des Sozialverhaltens im Kindes- und auch Jugendalter sind vielfältig. Es können das Erziehungsverhalten sowie Umweltfaktoren aber auch bestimmte Eigenschaften des Kindes eine Rolle spielen. Bei unbehandelten, stabileren Störungen bestehen erhöhte Risiken, dass die schulische Laufbahn beeinträchtigt wird und Probleme in der beruflichen Ausbildung auftreten. Darüber hinaus können sich Folgeerkrankungen, wie Depressionen, Angststörungen und Abhängigkeitserkrankungen ausbilden.

Das im Mai 2013 erschienene amerikanische Klassifikationssystem DSM-5 hat diesen Erkenntnissen durch die Einführung einer neuen Diagnose Rechnung getragen. Kinder mit häufigen, schweren Wutausbrüchen und dauerhaft gereizter Stimmungslage, die Schwierigkeiten haben ihre Emotionen zu regulieren, werden dort unter dem Begriff „Disruptive Mood Dysregulation Disorder“ diagnostiziert, da sich in Studien zu Langzeitverläufen gezeigt hatte, dass diese Kinder ein erhöhtes Risiko haben im Erwachsenenalter an einer depressiven Störung zu erkranken.

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