Vermuten Eltern eine Essstörung beim Nachwuchs, sollten sie das Gespräch mit dem Kind suchen und ihre Sorge offen ansprechen. Dabei sollten sie Vorwürfe und Schuldzuweisungen vermeiden und das Kind nicht unter Druck setzen, nach ihren Vorstellungen zu essen. „Wichtig ist, das Kind zunächst zu entlasten. Das kann bereits dadurch geschehen, indem Eltern den Gesprächsprozess überhaupt anstoßen und das Problem bei Namen nennen“, meint Dr. Ingo Spitczok von Brisinski vom Berufsverband für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik (BKJPP) in Bochum. „Sie sollten dem Kind mitteilen, dass sie sich Sorgen um sein Ernährungsverhalten machen und, dass sie sich für die mögliche Probleme dahinter und sein Wohlergehen interessieren.“ Ungünstig wäre es dabei, das Kind in die Defensive zu drängen oder unter Druck zu setzen. Ist das erste Gespräch für alle Beteiligten emotional sehr aufwühlend und kommt es zu Streitigkeiten oder Wut, ist es sinnvoll, mit dem nächsten Versuch etwas zu warten, bis sich alle wieder beruhigt haben und auch das Gesagte verarbeiten und bewerten konnten. Zunächst sollten die Eltern dem Nachwuchs zuhören und die Frage nach den Ursachen hinten anstellen. „Zuhören ist ein wichtiges Zeichen des Respekts und es wird die Gesprächsbereitschaft des Kindes erhöhen. Aufmerksamkeit und Geduld kann auch dazu beitragen, das Kind besser zu verstehen oder Zusammenhänge zu erfahren, die man vorher nicht kannte“, der Kinder- und Jugendpsychiater vom LVR-Klinikum in Viersen. Bereits im ersten Gespräch kann das Thema „Beratung oder Behandlung“ bei einem Kinder- und Jugendpsychiater angesprochen werden, dass ohnehin thematisiert werden sollte. „Dabei sollte das Kind nicht gedrängt, sondern besser dazu motiviert werden, sich helfen zu lassen. Ist die Hilfe eines Experten dringend erforderlich, hat das Kind keine Wahl, ob es überhaupt professionelle Hilfe aufsuchen möchte - dann entscheiden die Eltern. Als Basis für eine Therapie ist es dann aber günstig, wenn das Kind in alle weiteren Entscheidungen möglichst einbezogen wird und ihm eine Mitbestimmung eingeräumt wird“, ergänzt der niedergelassene Kinder- und Jugendpsychiater. „So können beispielsweise der Zeitpunkt des Beratungstermins zusammen festgelegt werden und auch, ob das Kind zunächst alleine mit dem Therapeuten sprechen möchte.“Es gibt bestimmte Denk- und Verhaltensweisen bei Kindern und Jugendlichen, die auf eine Essstörung hindeuten. So beschäftigen sie sich zunehmend mit ihrer Figur, dem Essen und der Kaloriendichte von Nahrungsmitteln. „Bei der Magersucht hören Betroffene früher oder später fast völlig mit dem Essen auf und nehmen nicht mehr an gemeinsamen Mahlzeiten teil. Das fällt meist schon auf, bevor sich ein Untergewicht einstellt“, berichtet Dr. Spitczok von Brisinski. Bei der Bulimie ist das Erkennen von außen schwieriger, weil diese Krankheit üblicherweise vor der Umgebung versteckt wird. „Angehörige wissen oft gar nichts von den Essanfällen und vom erzwungenen Erbrechen. Allerdings merkt man auch hier manchmal Veränderungen. Betroffene essen nicht mehr mit den anderen Familienangehörigen, verzehren besonders große Mengen oder verschwinden nach dem Essen länger auf der Toilette“, so der Experte. Betroffen sind vor allem junge Mädchen zwischen 14 und 17 Jahren, die sich oft besonders kritisch mit ihrem Gewicht auseinandersetzen.
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