Ein Mangel an Erziehung und verlässlichen Beziehungen in der Familie, kann bei Kindern zu Bindungsstörungen führen. „Nehmen sich Eltern keine Zeit für ihr Kind, vernachlässigen sie es und bringen ihm zu wenig Liebe und Geborgenheit entgegen, kann sich das sehr belastend auf die weitere Entwicklung der Kinder auswirken. Insbesondere in den ersten Lebensjahren spielt eine unzureichende Betreuung eine entscheidende Rolle für das Auftreten von Bindungsstörungen“, sagt Dr. Ingo Spitczok von Brisinski vom Berufsverband für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik (BKJPP) . „Nicht die Dauer der Zeit, die Kinder mit ihren Eltern verbringen ist für die Entwicklung eines gesunden Bindungsverhaltens entscheidend, sondern die Qualität. Rückhalt und emotionale Nähe sind wichtige Bestandteile einer gesunden Eltern-Kind-Beziehung.“ Die Entwicklung einer stabilen Bindung zwischen den Eltern und dem Kind stellt eine wichtige Voraussetzung für die psychische Gesundheit des Kindes dar. Je länger eine Vernachlässigung andauert, desto größer ist das Ausmaß der Bindungsstörungen.
Die Symptome von Kindern die sozial isoliert und vernachlässigt aufwachsen sind unterschiedlich. „Kinder mit der gehemmten Form einer Bindungsstörung sind ängstlich, unsicher und übervorsichtig, bauen häufig kaum soziale Kontakte auf und zeigen oft ein apathisches Verhalten, das durch Zuwendung nicht beeinflussbar ist“, erläutert der Kinder- und Jugendpsychiater. Bindungsstörungen können sich jedoch auch in ungehemmtem Verhalten äußern. „Betroffene Kinder suchen dann wahllos die Aufmerksamkeit und den Kontakt mit anderen Menschen bauen aber keine engen, vertrauensvollen Beziehungen auf. Auch verhalten sich teilweise aggressiv gegen sich selbst und gegen andere“, ergänzt der Experte. Emotionale Auffälligkeiten wie Angst und Depressivität bei Betroffenen haben in der Regel alle Bindungsstörungen gemein.
Bei bindungsgestörten Kindern ist der Kontakt sowohl zu Erwachsenen als auch zu Gleichaltrigen gestört, weswegen ein gemeinsames Spielen mit Altersgenossen nur selten funktioniert. Auch das Verhalten gegenüber Betreuungspersonen aus Krippen, Kindergärten oder Schulen kann ungewöhnlich sein – etwa wenn sich die Kinder mal annähern und mal jegliche Kontaktaufnahme und jeden Zuspruch ablehnen. „Besteht bei einem Kind der Verdacht auf eine Bindungsstörung, sollte es unbedingt einem Kinder- und Jugendpsychiater vorgestellt werden, auch eine autistische Störung kann eine Rolle spielen“, rät Dr. Spitczok von Brisinski. „In der Therapie ist dann die Herstellung und Sicherung einer stabilen Umgebung, in der das Kind Beziehungen aufbauen kann, von zentraler Bedeutung. Von großer Wichtigkeit für den Behandlungserfolg ist die Mitarbeit der Eltern.“
Etwa 1 Prozent aller Mädchen und Jungen in Deutschland ist von frühkindlichen Bindungsstörungen betroffen und etwa 1 Prozent von sogenannten Autismus-Spektrumstörungen. Die Pressemeldung des BKJPP ist mit Quellenangabe zur Veröffentlichung freigegeben.Bitte weisen Sie bei Verwendung im Printbereich auf das Informationsportal des BKJPP, www.kinderpsychiater-im-netz.de, hin. Bei Online-Veröffentlichung erbitten wir eine Verlinkung auf die Website.