Was ist Sexueller Missbrauch?
Sexueller Missbrauch von Kindern bezeichnet willentliche sexuelle Handlungen mit, an oder vor Kindern (vgl. WHO, 1999, S. 15-16). Bei Erwachsenen spielt dabei oft ein Machtgefälle zwischen dem Täter/der Täterin und seinem kindlichen Opfer eine zentrale Rolle. Sexuelle Übergriffe können jedoch auch von gleichaltrigen Kindern oder auch Geschwistern ausgehen. Sexueller Missbrauch wird häufig gleichgesetzt mit Vergewaltigung. Aber zwischen Erwachsenen und Kindern sind nicht nur Geschlechtsverkehr, oraler und analer Sex als sexueller Missbrauch zu verstehen, sondern auch alle Handlungen eines Erwachsenen, die er mit der Absicht ausführt, sich sexuell zu stimulieren.
Die Häufigkeit sexuellen Missbrauchs ist durch die große Dunkelziffer nicht genau zu bestimmen. Die Schätzungen belaufen sich für Deutschland auf rund 10 %, die in Kindheit und Jugend sexuellen Missbrauch erleben (Bieneck, Stadler & Pfeiffer, 2011; Häuser, Schmutzer, Brähler & Gläsmer, 2011). Internationale Studien fanden Häufigkeiten sexuellen Missbrauchs von 7% bis 36 % für Mädchen und von 3 % bis 29 % für Jungen (Finkelhor, 1994; Pereda, Guilera, Forns & Gomez-Benito, 2009). Die große Schwankungsbreite der Häufigkeiten ist durch unterschiedliche zugrunde liegende Erhebungsmethoden und Definitionen zu erklären. Die Opfer sind überwiegend Mädchen, aber sexuelle Gewalt wird auch Jungen zugefügt. Nicht selten sind schon Säuglinge und Kleinkinder betroffen. Etwa 90 Prozent der aufgedeckten sexuellen Vergehen werden von Männern begangen, rund 10 Prozent der Täter sind Frauen (z. B. Peter, 2009).
Sexuelle Misshandlungen lassen sich in sogenannte „Hands-On“- und „Hands-Off“-Taten unterteilen. Bei den „Hands-On“-Taten kommt es zum Körperkontakt zwischen Opfer und Täter. Unter „Hands-Off“-Handlungen fällt das Vorzeigen pornografischer Materialien bzw. das Herstellen pornografischer Fotos und Filmaufnahmen von Kindern, Exhibitionismus, Voyeurismus sowie alle weiteren sexuell-intendierten Handlungen ohne körperliche Berührung zwischen Kind und Täter.
Ob Außenstehende die sexuellen Übergriffe als „schlimm“ oder „traumatisch“ einstufen, ist unwichtig. Entscheidend für die klinisch therapeutische Unterstützung ist es, wie sie das betroffene Kind erlebt.