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Das Informationsportal zur psychischen Gesundheit und Nervenerkrankungen

Herausgegeben von den Berufsverbänden für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland.

Behandlung & Therapie von Angststörungen bei Kindern und Jugendlichen

Je früher eine Angststörung behandelt wird, umso besser sind die Aussichten auf Besserung. In der Therapie sind psychotherapeutische Verfahren sowie auch eine Behandlung mit Medikamenten möglich, wobei Psychopharmaka erst zu Einsatz kommen, wenn verhaltenstherapeutische Maßnahmen nicht zum Erfolg geführt haben.

Die Behandlungsmethode der 1. Wahl sind daher verhaltenstherapeutische-kognitive Verfahren, die als wichtige Elemente die

  • Psychoedukation (bedeutet die therapeutisch angeleitete, altersgerechte Begleitung von Patienten und Angehörigen zu mehr Wissen und Überblick über die Störung/Erkrankung, die (körperliche Angstreaktion), Therapiemaßnahmen und die mögliche Selbsthilfestrategien),
     
  • eine Veränderung der Bewertung von Angstauslösern und
     
  • den Abbau von Vermeidungsverhalten

zum Inhalt haben.

Reizkonfrontationsverfahren

Um Betroffenen die Erfahrung zu vermitteln, dass angstauslösende Situationen ertragen werden können, ohne dass die Befürchtungen bzw. erwarteten Folgen eintreten, werden Reizkonfrontationsverfahren eingesetzt. Betroffene Kinder- oder Jugendliche werden dann in Begleitung des Therapeuten mit der angstauslösenden Situation konfrontiert. Diese Konfrontationssituationen können in ihrer angstauslösenden Intensität allmählich gesteigert werden. Dabei erleben sie in der Regel die Angst zunächst sehr ausgeprägt, merken (lernen) dann aber, dass diese von selbst wieder nachlässt (siehe Abbildung). Unter therapeutischer Anleitung soll es ebenfalls gelingen, das Flucht- und Vermeidungsverhalten des Betroffenen zu verhindern, was wichtiges Therapieziel ist. Denn Vermeidungsverhalten lindert die Angst nur kurzfristig. Mittel- und langfristig verstärkt es diese und erhält die Angststörung aufrecht.

Abb. Angstverlauf in der phobischen Situation und kontinuierliche Abnahme der Angst, je häufiger ein Angstanfall in der Situation ertragen wird (nach: Fegert, Eggers, Resch; Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters, Springer (2012))

Bei Kindern werden Konfrontationsübungen zunächst mit leicht angstauslösenden Situationen durchgeführt und dann schleichend gesteigert. Bei der Behandlung von Jugendlichen hat sich bewährt, dass diese Patienten schon von Anfang an mit stark angstauslösenden Situationen konfrontiert werden.

Kognitiv-verhaltenstherapeutische Maßnahmen

Phobien haben gemeinsam, dass Betroffene die gefürchtete Situation, das Objekt oder Lebewesen als unangemessen bedrohlich bewerten. Kognitive Modelle gehen von der Annahme aus, dass die Bewertung darüber entscheidet, ob eine Angstreaktion hervorgerufen wird. Nur wenn der phobische Reiz vom Betroffenen als gefährlich eingestuft wird, ist eine Angstreaktion die Folge.
Therapieansätze zielen nun darauf ab,  angstfördernde Gedanken des Kindes oder Jugendlichen abzubauen. Betroffene werden dazu angeleitet, die angstfördernden Gedanken zu erkennen, ihre Befürchtungen während der Angst auf ihren Realitätsgehalt hin zu überprüfen und diese in angstbewältigende Gedanken zu verändern. Diese Maßnahmen haben zum Ziel, Fehlannahmen hinsichtlich der Bedrohlichkeit der angstauslösenden Situation aufzudecken und durch eine angemessene, realistische Bewertung zu ersetzen.

Die therapeutischen Maßnahmen können durch ein Elterntraining unterstützt werden. Hierbei werden die Eltern darüber aufgeklärt, wodurch sie angstauslösendes Verhalten verstärken und ängstlichem Verhalten gegensteuern können. Auch werden sie darin geschult, eigene übermäßige Ängste abzubauen und eine verbesserte Kommunikation und Problemlösung anzuwenden.

Medikamentöse Behandlung

Eine ergänzende Behandlung mit Psychopharmaka kommt erst dann zum Einsatz, wenn verhaltenstherapeutische Maßnahmen keine sichtbaren Erfolge gezeigt haben. Zur Behandlung der Angststörungen (Trennungsangst, Phobien, generalisierten Angststörung)  können Benzodiazepine, Buspiron sowie Antidepressiva (trizyklische Antidepressiva, selektive-Serotonin-Wiederaufnahemhemmer – SSRI) eingesetzt werden.  Selektive-Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer sind die Medikamente der 1. Wahl. Medikamente sollten zur Behandlung von Angststörungen bei Kindern und Jugendlichen jedoch nur kurzfristig eingesetzt werden.

Fachliche Unterstützung: Prof. Dr. med. Bernhard Blanz, Jena (DGKJP)