Neurologen und Psychiater im Netz

Das Informationsportal zur psychischen Gesundheit und Nervenerkrankungen

Herausgegeben von den Berufsverbänden für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland.

Krise/Notfall: Akute psychische Krise

Psychische Krisen können jeden Menschen treffen, unabhängig von Alter, Bildung, Beruf, Herkunft und sozialem Status. Dabei kann eine Krise aus einer kurzfristig einwirkenden Belastung wie einer Schockreaktion aufgrund einer realen Gefahrensituation resultieren oder die Folge einer länger andauernden, kumulativen Belastung sein. Die Ursachen für eine akute seelische Notlage sind vielfältig und können zum Beispiel durch Verlusterlebnisse oder Enttäuschungen, traumatische Erlebnisse, psychosoziale Konflikte, lebensverändernde Umstände oder Umbrüche, Entwurzelung oder Vereinsamung sowie psychische Erkrankungen wie Psychosen, Depressionen oder Angststörungen ausgelöst werden. Menschen mit vorbestehenden psychischen Erkrankungen weisen oft eine erhöhte Anfälligkeit gegenüber krisenhaften Anlässen auf.

Eine akute Krise beinhaltet den Verlust des inneren Gleichgewichts, den Menschen verspüren, wenn sie mit Situationen oder Lebensumständen konfrontiert werden, die sie momentan nicht bewältigen können, weil die gewohnten Verhaltensstrategien nicht greifen oder zusammenbrechen. In so einer Situation sind oft das Denken und das Fühlen gestört. Die Gedanken drehen sich im Kreis, sind zerstreut und können nicht sinnvoll zu Ende gebracht werden. Manchmal sind die eigenen Gefühle nur schwer wahrnehmbar. Andererseits können sie auch so intensiv auftreten, dass sie schwer zu kontrollieren sind und beispielsweise Angst, Wut, Hoffnungslosigkeit, Einsamkeit oder Trauer als übermächtig und bedrohlich erscheinen. Grundsätzlich können verschiedene Symptome mit unterschiedlicher Intensität auftreten, wie unter anderem Anspannung, Angst, Aggressivität, Verwirrtheit oder auch eine Verengung der Wahrnehmung bis hin zu Wahn und Halluzinationen.

Sobald in einer entsprechenden Situation unmittelbare Selbst- oder Fremdgefährdung (insbesondere Suizidgefährdung) besteht, sollte man nicht zögern, sofort einen psychiatrischen Notdienst, den Rettungsdienst (112) oder die Polizei zu verständigen.

Sollten Sie sich aktuell in einer psychischen Krise befinden, können Sie:

  • zu Ihrem Arzt gehen oder ihn anrufen,
  • Kontakt mit einer Klinik (bzw. einem Spital) mit psychiatrischer Abteilung aufnehmen,
  • Kontakt mit dem ärztlichen (psychiatrischen) Bereitschaftsdienst (bundesweite Tel.: 116 117) aufnehmen,
  • oder sich an ein Hilfs- bzw. Beratungsangebot für akute Krisensituationen wenden (siehe nachfolgend stehende Adressen):

Deutschland

  • Telefonseelsorge
    www.telefonseelsorge.de
    anonyme, kostenlose Beratung zu jeder Tages- und
    Nachtzeit unter den bundesweiten Telefonnummern 0800 - 1110111 oder 0800 - 1110222 bzw. www.telefonseelsorge.de
  • Kinder- und Jugendtelefon „Nummer gegen Kummer“ www.nummergegenkummer.de
    kostenlose Beratung von Mo bis Fr 15.00 bis 19.00 Uhr unter der bundesweiten Telefonnummer: 0800 - 111 0 333
  • in jeder deutschen Stadt gibt es Psychologische Beratungsstellen, Beratungsstellen für Ehe-, Familien- und Lebensfragen, Psychosoziale Beratungsstellen, Sozialpsychiatrische Dienste. Diese Einrichtungen stehen jedoch nicht rund um die Uhr zur Verfügung und es müssen ggf. Beratungstermine vereinbart werden - sie sind bei akuten Krisen nur bedingt hilfreich.

Österreich

  • Telefonseelsorge
    www.telefonseelsorge.at
    anonyme, kostenlose Beratung zu jeder Tages- und Nachtzeit innerhalb jedes Bundeslandes unter der Telefonnummer 142
  • Die Psychiatrische Soforthilfe
    http://www.psd-wien.at/psd/52.html
    telefonisch, ambulant, mobil: Beratung zu jeder Tages- und Nachtzeit unter der Telefonnummer 01- 31330

Schweiz

  • Telefonseelsorge „Die Dargebotene Hand“
    www.143.ch anonyme, kostenlose Beratung zu jeder Tages- und Nachtzeit unter der Telefonnummer 143
  • Angst- und Panikhilfe Schweiz (aphs)
    Die aphs bietet rund um das Thema Angststörungen eine nationale Telefon-Hotline an und vermittelt professionelle Hilfe.
    Die Hotline kann über folgende Kanäle erreicht werden:
     
    • per Telefon: 0848 801 109 (Max. CHF 0.08/Min. ab Festnetz, Mobiltarife gemäss Anbieter)
    • per E-Mail: hotline@aphs.ch 
    Website: https://www.aphs.ch/hotline/die-aphs-hotline/

Südtirol

Psychischer Notfall kann Soforthilfe erforderlich machen

Kommt es zu einem psychischen Zusammenbruch, brauchen Menschen manchmal sofort professionelle Hilfe, die rasche Entlastung und Klärung herbeiführt. Je dramatischer die akute Krise ist, desto mehr ist aktives Handeln vom Umfeld gefragt. Intensität und Dauer einer Krise können auch zu suizidalen, lebensmüden Gedanken und Impulsen führen. In einer solchen Eskalation gibt es die Möglichkeit den Notarzt zu rufen, der durch akute pharmakologische Versorgung und gegebenenfalls Einweisung in eine Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Entlastung einleiten kann. Als Sofortmaßnahme gibt es zudem die Möglichkeit, eine Notfall-Aufnahme in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie aufzusuchen. Dort werden entlastende Gespräche und bei Bedarf eine pharmakologische Therapie durchgeführt sowie weiteren Maßnahmen beraten. Gegebenenfalls wird auch das Angebot der weiteren Betreuung durch die psychiatrische Institutsambulanz, Tageskliniken oder eine stationäre Aufnahme besprochen.

Nicht jede seelische Krise bedarf professioneller Unterstützung

Viele Krisen können alleine, mit Hilfe nahestehender Menschen oder mittels vorübergehender Unterstützung durch Vertrauenspersonen gemeistert werden. Menschen in psychischen Krisensituationen können auch in der Lage sein, eigene Ressourcen zu aktivieren, um die Krise zu überwinden. Wesentlich ist dabei, dass sie nicht alleine gelassen werden – ihre Familie, Freunde und Bekannte Unterstützung signalisieren sowie Gespräche anbieten. Grundsätzlich ist es hilfreich, das Stressniveau zu senken, einer Reizüberflutung entgegenzuwirken, Betroffen ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln und Belastungen zu reduzieren. Um die Personen in ihrer Selbstregulation zu unterstützen, kann es beispielsweise hilfreich sein, sie anzuregen und dabei zu begleiten, das zu tun, was ihnen aus ihrer Erfahrung heraus gut tut, etwa einen Spaziergang machen, Routinen aufnehmen oder die Wohnung aufräumen oder etwas zu kochen.

Entspannungsübungen sind hingegen in schweren Krisensituationen oft nicht ratsam, weil sie die Innenbetrachtung verstärken und zu weiterer Anspannung führen können.

Für Menschen in einer psychischen Notlage ist es allerdings häufig schwierig, Hilfe von außen anzunehmen. Familie und Freunde sollten den Betroffenen deshalb motivieren und dabei begleiten, professionelle Hilfe anzunehmen sowie gegebenenfalls selbst beim sozialpsychiatrischen Dienst des Wohnortes oder einer Beratungsstelle Informationen über mögliche Hilfen einholen.

Führen die Maßnahmen der Belastungsreduktion, Entspannung und die klärenden Gespräche im Umfeld nicht zu einer Bewältigung der Krise, können sich die Betroffenen an verschiedene professionelle Anlaufstellen wenden. Solche Anlaufstellen sind unter anderem der Sozialpsychiatrische Dienst im Gesundheitsamt jeder Stadt, psychosoziale Kontakt- und Beratungsstellen, psychiatrische Institutsambulanzen oder auch Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie.

Fachliche Unterstützung: Dr. Christa Roth-Sackenheim, Andernach (BVDP), Dr. Iris Hauth, Berlin (DGPPN)