Neurologen und Psychiater im Netz

Das Informationsportal zur psychischen Gesundheit und Nervenerkrankungen

Herausgegeben von den Berufsverbänden für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland.

Behandlungsmöglichkeiten der Gürtelrose und der Post-Zoster-Neuralgie

Akute Gürtelrose

Eine Therapie der Gürtelrose sollte am besten innerhalb von 72 Stunden nach Auftreten der Hautveränderungen bzw. so lange noch frische Bläschen vorhanden sind, begonnen werden. Danach vermehren sich die Viren meist nicht mehr, und der Patient befindet sich bereits in der Heilungsphase. Allerdings wird bei über 50-Jährigen und immungeschwächten Personen sowie bei allen komplizierten Fällen, sei es bei Organbeteiligung oder Befall des Gesichts immer therapiert. Als Medikamente werden verschiedene so genannte „Virostatika“ (ähnlich Antibiotika, aber nicht gegen Bakterien, sondern gegen Viren wirksam) wie etwa Aciclovir, Brivudin, Famciclovir oder Valaciclovir eingesetzt, die entweder als Tablette oder in einigen Fällen auch als Infusionen gegeben werden. Bei starken Schmerzen werden zusätzlich Schmerzmittel verabreicht, desinfizierende Puder verhindern eine Infektion der Bläschen und lindern den Juckreiz.

Post-Zoster-Neuralgie (PZN)

Es gibt eine Reihe von Behandlungsmöglichkeiten, welche die Symptome lindern. Je nach Art und Ausprägung des Schmerzes verschreibt der Neurologe/Nervenarzt/Schmerztherapeut ein Medikament, welches der Patient über wenigstens zwei Wochen ausprobieren muss. Erzielt das Medikament nicht die erwünschte Wirkung, erhöht der Arzt die Dosis nach frühesten 3 Tagen oder versucht einen neuen Behandlungsansatz. Bei der Post-Zoster-Neuralgie kann nach folgendem (unverbindlichen) therapeutischen Stufenplan vorgegangen werden – schlägt die 1. Stufe nicht an wird zur 2. übergegangen usw.:

1. Stufe: Gabe eines Antidepressivums (z.B. Amitriptylin, Desipramin):

Die Wirkstoffe dieser Gruppe unterdrücken u.a. die Weiterleitung von Schmerzsignalen im Rückenmark. Die Schmerzlinderung setzt nach einigen Tagen bis zwei Wochen ein. Der Wirkstoff wird niedriger dosiert als bei depressiven Erkrankungen.

2. Stufe: Verordnung von Antikonvulsiva in Kombination mit

Capsaicin oder Lidocain:

Antikonvulsiva (z.B. Carbamazepin, Gabapentin) sind Medikamente gegen Krampfanfälle. Sie dämpfen die Erregbarkeit von Nervenzellen und wirken daher auch bei Nervenschmerzen nach einer Gürtelrose. Begleitend kann eine Capsaicin-Creme (Bestandteil des Chili-Pfeffers) auf die Haut aufgetragen werden. Das starke Brennen zerstört die Schmerz-„Antennen“ in der Haut, wirkt aber erst nach mehreren Wochen. Alternativ: örtlich betäubende Lidocain-Creme.

3. Stufe: Verabreichung schwacher Opioide evt. in Verbindung mit TENS (transkutane elektrische Nervenstimulation):

Die schmerzlindernden Opioide wirken nicht bei allen Patienten, es kommt daher auf einen Therapie-Versuch an. Die Wirkung kann mit der Zeit nachlassen, so dass die Dosis erhöht werden muss (Toleranz-Entwicklung). Aufgrund einer möglichen psychischen Gewöhnung muss die Einnahme vom Arzt streng überwacht werden.

Begleitend kann eine TENS-Behandlung durchgeführt werden. Der Patient trägt ein kleines Gerät, das über eine Elektrode mit der schmerzhaften Hautregion verbunden ist. Bei Bedarf kann der Patienten elektrische Impulse abgeben. Sie reizen die Hautnerven. Nach einer Theorie werden bevorzugt die schnell-leitenden Fasern der Hautnerven gereizt. Die Impulse treffen dann vor den Schmerz-Impulsen im Rückenmark ein. Dort sollen sie die Weiterleitung der Schmerz-Impulse behindern. Nach einer anderen Theorie werden durch die Impulse so genannte „schmerzlindernde“ körpereigene Botenstoffe, die Endorphine, freigesetzt. Einige Ärzte berichten über gute Erfolge mit der TENS-Methode. Es gibt aber keine kontrollierten Studien, welche die Wirksamkeit bei Nervenschmerzen belegen.

4. Stufe: Verschreibung starker Opioide:

Diese starken Schmerzmittel kommen wegen ihres Sucht-Potenzials nur selten zum Einsatz, sind aber sehr effektiv. Die Erfahrung zeigt, dass viele Patienten mit chronischen Schmerzen erfolgreich und sicher über eine lange Zeit behandelt werden können, ohne dass es zu einer Toleranz-Entwicklung (nachlassende Wirkung bei gleicher Dosierung) kommt. Allgemein wird angenommen, dass unter einer strengen ärztlichen Kontrolle der Opioid-Einnahme das Risiko einer psychischen und körperlichen Abhängigkeit gering ist.

Verhaltenstherapie

Bei einige Schmerz-Patienten ist eine psychologische Mitbehandlung sinnvoll. Im Arzt-Patienten-Gespräch wird z.B. geklärt, ob es Situationen gibt, in denen der Patient seine Schmerzen weniger oder stärker empfindet, und inwieweit die Schmerzen die Lebensgestaltung beeinflussen. Oftmals stellt sich in Folge des permanenten Schmerzes eine Passivität und ein Motivationsverlust ein, der auch zu Spannungen in der Familie führen kann. Hier ist es wichtig, gemeinsam erste Ansätze zur Bewältigung zu erarbeiten (z.B. Verbesserung der Partnerschaftskommunikation). Weiterhin kann der Betroffene Entspannungsverfahren und Ablenkungsstrategien erlernen, um selbst mit dem Schmerz besser zurecht zu kommen. Bei einigen Patienten bestehen noch weitere psychische Konflikte, für deren Behandlung eine längerfristige Psychotherapie notwendig ist.

Fachliche Unterstützung: Dr. med. Uwe Meier (BDN), Grevenbroich