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Alzheimer: Gebremste Immunreaktion verspricht neuen Therapie-Ansatz

Bonner Forscher haben einen Eiweißstoff als
möglichen Ansatzpunkt für die Behandlung der Alzheimer-Erkrankung
ausgemacht.

Bonner Forscher haben einen Eiweißstoff alsmöglichen Ansatzpunkt für die Behandlung der Alzheimer-Erkrankung ausgemacht. Der Protein-Komplex ist Teil des Immunsystems und eine treibendeKraft für Entzündungsreaktionen des Gehirns. Wird seine Aktivitätverhindert, könnte dies der Therapie neue Wege öffnen, berichten dieForscher in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins "Nature". DieGrundlagenstudie entstand in Kooperation zwischen Wissenschaftlern ausDeutschland, Spanien und den USA. Federführend beteiligt waren der BonnerStandort des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE)sowie die Universität Bonn.Der Komplex mit der Bezeichnung "NLRP3-Inflammasom" ist ein aus mehrerenProteinen zusammengesetztes Ensemble mit Schlüsselfunktion für dasImmunsystem. Es wirkt wie ein Brandsensor, der bei Aktivierung eineMeldekette auslöst. In deren Folge werden Abwehrzellen mobilisiert undentzündungsfördernde Substanzen freigesetzt. Infektionen können diesenVorgang anstoßen und werden in der Folge durch die Immunreaktioneingedämmt. Doch im Fall der Alzheimerkrankheit kann das Anspringen desmolekularen Feuermelders negative Folgen haben: Nervenzellen werdengeschädigt und sterben ab. Beim Menschen führt dies zum schleichendenVerlust der geistigen Fähigkeiten.Begleiterscheinung, möglicherweise auch Auslöser von Alzheimer sind gewisseAblagerungen, die sich im Gehirn ansammeln. Dass diese sogenannten Plaquesdas NLRP3-Inflammasom aktivieren können, hatte sich bereits beiUntersuchungen einzelner Zellen herausgestellt. Doch die genauen Effekte imOrganismus waren unbekannt. "Es war unklar, wie sich eine erhöhte Aktivitätdes NLRP3-Inflammasoms auf das Gehirn auswirkt", sagt Prof. Michael Heneka,der am DZNE und an der Universität Bonn forscht. Im Team mit dem BonnerImmunforscher Eicke Latz und weiteren Kollegen konnte er nun nachweisen,dass der Proteinkomplex in der Tat eine maßgebliche Rolle für Alzheimerspielt.Untersuchungen an Mensch und MausDie Forscher sammelten eine umfangreiche Indizienkette: Sowohl im Hirnverstorbener Alzheimer-Patienten als auch in Mäusen, die für Alzheimertypische Verhaltensstörungen zeigten, stellten sie eine aktivierte Form desNLRP3-Inflammasoms fest.An einer weiteren Gruppe von Mäusen untersuchten die Wissenschaftler, obsich Entzündungsreaktionen unterdrücken lassen. Dazu entfernten sie aus demErbgut der Tiere jene Bereiche, die eine Produktion des NLRP3-Inflammasomsauslösen. Die Mäuse waren somit nicht mehr in der Lage, den Proteinkomplexherzustellen. Das zeigte Wirkung: Tatsächlich entwickelten die Tiere nurrelativ milde Krankheitssymptome. Überdies traten in ihren Gehirnen dieschädlichen Plaques in verringertem Umfang auf."Wir sind hier auf eine entscheidende Stelle im Entstehungsprozess vonAlzheimer gestoßen. Angesichts dieser Befunde scheint es vielversprechend,die Aktivität des Inflammasoms zu blockieren", so Heneka. Nach seinerEinschätzung könnte es durch geeignete Pharmaka möglich sein, eineReaktionskette zu stoppen, die ansonsten zur Entzündung von Gehirnzellenführen würde. "Derzeit werden diverse Wege untersucht, um auf den Verlaufder Krankheit einzuwirken", meint der Neurowissenschaftler. "UnsereErgebnisse deuten auf eine neue Möglichkeit hin. Noch bewegen wir unsallerdings im Forschungsbereich."Die Bonner Wissenschaftler planen jedoch schon weiter. Die Arbeitsgruppe vonEicke Latz, die an der aktuellen Studie ebenfalls maßgeblich beteiligt war,hat bereits begonnen, nach Substanzen für eine Blockade desNLRP3-Inflammasomes zu suchen. "Ein nächster Schritt wäre es, potentielleWirkstoffe im Laborversuch zu testen. Wir hoffen, damit bereits im nächstenJahr beginnen zu können", sagt Heneka.Originalveröffentlichung:"NLRP3 is activated in Alzheimer´s disease and contributes to pathology inAPP/PS1 mice", Michael T. Heneka, Markus P. Kummer, Andrea Stutz, AndreaDelekate, Stephanie Schwartz, Ana Vieira Saecker, Angelika Griep, Daisy Axt,Anita Remus, Te-Chen Tzeng, Ellen Gelpi, Annett Halle, Martin Korte, EickeLatz, Douglas Golenbock, Nature, Online unter:http://www.nature.com/nature/journal/vaop/ncurrent/full/nature11729.htmlQuelle: Pressemitteilung Uni Bonn