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Europäisches Megaprojekt entwickelt Verfahren zur Simulation des menschlichen Gehirns

Die detailgetreue Simulation des kompletten menschlichen Gehirns von der Genetik über die molekulare Ebene bis hin zur Interaktion ganzer Zellverbände auf einem Supercomputer der Zukunft: Das ist das visionäre Ziel des „Human Brain Project“ (HBP).

Die detailgetreue Simulation des kompletten menschlichen Gehirns von der Genetik über die molekulare Ebene bis hin zur Interaktion ganzer Zellverbände auf einem Supercomputer der Zukunft: Das ist das visionäre Ziel des „Human Brain Project“ (HBP), an dem RWTH-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler beteiligt sind. Am 28. Januar 2013 wurde in Brüssel bekannt gegeben, dass das ambitionierte, auf zehn Jahre angelegte Vorhaben eines der beiden Forschungsprojekte ist, die im Rahmen des FET Flagship-Programms von der Europäischen Union gefördert werden. Die Kosten des HBP-Projekts werden auf 1 Milliarde Euro geschätzt.

Die Freude über die positive Nachricht aus Brüssel ist groß. „Der strukturelle Aufbau der menschlichen Schaltzentrale und ihre Funktionsabläufe sind in vielen Bereichen noch nicht erforscht“, erläutert Professor Frank Schneider, Direktor der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik der RWTH Aachen. „Im Rahmen des EU-Förderprogramms ist es nun möglich, wissenschaftliche Expertise und Manpower zu bündeln, um den Aufbau und die Abläufe im Gehirn auf den verschiedensten Ebenen in seiner ganzen Komplexität zu erforschen und abzubilden.“ Das virtuelle Modellgehirn wird es Medizinern künftig erleichtern, die Struktur und Arbeitsweise des gesunden, aber auch erkrankten Gehirns zu verstehen sowie neue Therapien zu entwickeln. „Gerade für psychisch und neurologisch Kranke und ihre Angehörigen stellt diese Bewilligung der EU einen enormen Meilenstein zum Verständnis und zur Behandlung dar“, so Schneider.EU-Förderprojekt bündelt wissenschaftliche Expertise aus über 80 wissenschaftlichen Einrichtungen

Das Human Brain Project vereint Neurowissenschaftler, Psychiater, Neurologen, Informatiker, Physiker und Mathematiker aus über 80 europäischen und internationalen wissenschaftlichen Einrichtungen in 22 Ländern. Koordiniert wird das Forschungsprojekt von Prof. Dr. Henry Markram von der École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL). Von Seiten der RWTH Aachen sind neben den Psychiatern vor allem Visualisierungsexperten der Virtual Reality Group am Lehrstuhl für Informatik 12 / Rechen- und Kommunikationszentrum beteiligt. „Wir visualisieren die gesamten generierten Simulationsdaten von der zellulären Ebene über Nervenzellverbünde bis hin zu den Hirnarealen“, erläutert der Leiter der Virtual Reality Group, Professor Torsten Kuhlen. „Dabei bereiten wir die extrem großen Datenmengen so auf, dass Neurowissenschaftler diese interaktiv analysieren können, um daraus neue Erkenntnisse zu gewinnen.“

Um neuronale Netzwerke von der Komplexität des menschlichen Gehirns zu simulieren, wird eine Rechenleistung benötigt, die um den Faktor 100 höher ist als die der heutigen Höchstleistungsrechner. Daher arbeiten die Teams von Frank Schneider und Torsten Kuhlen nicht nur eng mit den Neurowissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern des Forschungszentrums Jülich, sondern auch mit den Kollegen am dortigen Jülich Supercomputing Centre (JSC) zusammen. Das JSC entwickelt unter anderem neue Rechner der ExaFLOPS-Generation, um die komplexen Simulationen im Human Brain Project durchführen zu können.

Enge Kooperation der RWTH Aachen und des Forschungszentrums Jülich in der Jülich Aachen Research Alliance (JARA) zahlt sich aus Die RWTH Aachen und das Forschungszentrum Jülich sind seit Jahren in der Jülich Aachen Research Alliance (JARA) eng vernetzt. Die erfolgreiche JARA-Kooperation ist ein wesentlicher Grund für den Erfolg des Standorts im Rahmen dieses europäischen Großprojekts. In der Sektion JARA-BRAIN verknüpfen Mediziner, Psychologen, Neurowissenschaftler, Physiker und Informatiker beider Institutionen hochkarätige Grundlagenforschung und klinische Expertise, um künftig psychische und neurologische Erkrankungen wie Depressionen, Schizophrenie oder Parkinson besser diagnostizieren und therapieren zu können. In der Sektion JARA-High Performance Computing (JARA-HPC) wird an Computersimulationen mittels Hochleistungsrechnern für die vielfältigsten Anwendungen geforscht. Dabei kann die menschliche Schaltzentrale durchaus als Vorbild für einen extrem leistungsstarken und energieeffizient arbeitenden Computer dienen: Das Gehirn benötigt für hochkomplexe Informationsübertragungen und -verarbeitungen weniger Energie als eine 60 Watt Glühbirne.

Web: www.humanbrainproject.eu Quelle: RWTH Aachen