Neurologen und Psychiater im Netz

Das Informationsportal zur psychischen Gesundheit und Nervenerkrankungen

Herausgegeben von den Berufsverbänden für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland.

Folgen eines Zeckenstichs sicher erkennen und behandeln: Leitlinie Neuroborreliose veröffentlicht

Die Lyme-Borreliose (auch Lyme-Disease genannt) ist die am häufigsten durch Zecken übertragene Krankheit in Europa. In Deutschland erkranken jährlich zwischen 60.000 und mehr als 200.000 Menschen.

Die Zeckensaison 2018 startet mit neuen Empfehlungen für die Diagnose und Therapie der durch Zecken übertragenen Erkrankung Neuroborreliose. Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) hat heute nach mehr als dreijähriger Arbeit die erste S3-Leitlinie Neuroborreliose veröffentlicht. S3-Leitlinien sind Leitfäden für Ärzte und Patienten, die nach strengen Regeln erarbeitet werden und den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Medizin wiedergeben. Die Leitlinie Neuroborreliose, deren Veröffentlichung sich durch einen Rechtsstreit um einige Wochen verzögert hatte, bezieht klar Stellung zu vermeintlichen Spätfolgen einer Borrelieninfektion, die Jahre nach dem Zeckenstich auftreten sollen.

„Krankheitsbilder mit anhaltenden unspezifischen bzw. untypischen Symptomen sind häufig keine Borreliosen“, so Professor Sebastian Rauer vom Universitätsklinikum Freiburg, der die Leitlinienarbeit gemeinsam mit PD Dr. Stephan Kastenbauer aus München koordiniert hat. Die Leitlinie gilt erstmals auch für die Neuroborreliose im Kindes- und Jugendalter und ist im Internetauftritt der DGN frei zugänglich (dgn.org/leitlinien).

Die Leitlinie erläutert, welche diagnostischen Schritte und Labortests die Diagnose Neuroborreliose sichern, und bietet einen Überblick über wirksame Therapien. Sie enthält außerdem ein Informationsblatt für Patienten zur Nachbeobachtung eines Zeckenstichs und gibt Empfehlungen zur Prävention einer Borrelieninfektion. Die S3-Leitlinie ist eine Weiterentwicklung der bisher gültigen S1-Leitlinie. Sie wurde unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) in einem mehr als dreijährigen strukturierten Evidenzprozess nach den methodischen Vorgaben der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) erstellt. S3 steht in dieser Methodik für die höchste Qualitätsstufe der Entwicklung. Die Empfehlungen basieren auf einer systematischen Auswertung der wissenschaftlichen Literatur zur Neuroborreliose.

Akute Neuroborreliose: 3 bis 15 Prozent der Borrelieninfektionen betreffen das Nervensystem

Die Lyme-Borreliose (auch Lyme-Disease genannt) ist die am häufigsten durch Zecken übertragene Krankheit in Europa. In Deutschland erkranken jährlich zwischen 60.000 und mehr als 200.000 Menschen. Eine frühzeitige Entfernung der Zecke, bevor sie sich mit Blut vollgesaugt hat, kann die Übertragung des Erregers verhindern. Die Borrelien, spiralförmige Bakterien, befallen vorwiegend die Haut. Typisches Erkennungszeichen ist die sogenannte Wanderröte: Um den Zeckenstich bildet sich ein roter Rand, der sich langsam nach außen ausweitet; oft kommen Muskel- und Gelenkschmerzen und andere grippeähnliche Beschwerden hinzu.

Im übrigen Körper können die Borrelien Gelenke, das Nervensystem und selten das Herz befallen. In 3 bis 15 Prozent der Fälle ist das Nervensystem betroffen, man spricht dann von einer Neuroborreliose. In diesen Fällen typisch sind nächtlich betonte, brennende und stechende Schmerzen, die häufig gürtelförmig verteilt sind und schlecht auf Schmerzmittel ansprechen. Auch Lähmungen können vorkommen, vor allem der Gesichtsnerven, der Arme und Beine. Bei Kindern äußert sich die Neuroborreliose am häufigsten in einer Gesichtsnervenlähmung oder Hirnhautentzündung (Meningitis). „Anhand der typischen Symptome in Verbindung mit entzündlichen Veränderungen im Nervenwasser und dem positiven Antikörpernachweis lässt sich eine Neuroborreliose in der Regel zweifelsfrei feststellen“, erklärt Professor Rauer. Von Blut- oder Liquortests auf Borreliose bei unspezifischen Beschwerden rät DGN-Experte Rauer ab. „Laboruntersuchungen sind nur bei ausreichendem klinischem Verdacht sinnvoll.“

Literaturquellen
Rauer S., Kastenbauer S. et al. S3-Leitlinie Neuroborreliose. 2018. In: Deutsche Gesellschaft für Neurologie, Hrsg., Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Online: www.dgn.org/ leitlinien und www.awmf.org
„Leitlinie zur Neuroborreliose kann in Kraft treten“. Pressemeldung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) vom 19. März 2018

Quelle und ausführliche Mitteilung: Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V. auf idw