Anhaltende und wiederkehrende Kopfschmerzen quälen nicht nur Erwachsene, sondern sind bereits im Grundschulalter ein Problem. Das belegt eine im März 2016 abgeschlossene Umfrage an 14 Dresdner Schulen. Dazu haben die Ärzte und Wissenschaftler über 5.000 Fragebögen an Kinder und Jugendliche aus sieben Grundschulen, drei Gymnasien und vier Oberschulen verteilt. Knapp die Hälfte kam ausgefüllt zurück. Die ausgewerteten Daten überraschten die erfahrenen Schmerztherapeuten: Nur ein knappes Drittel der Schüler gab an, nie an Kopfschmerzen zu leiden. 36,6 Prozent der befragten Schüler dagegen hat einmal im Monat Kopfweh, weitere 31,5 Prozent dagegen häufiger – mindestens zweimal im Monat. Die Zahlen belegen zudem eine bedenkliche Tendenz: Je älter die Schüler sind, umso wahrscheinlicher ist es, dass sie unter Kopfschmerzen leiden. Bereits 16,6 Prozent der Erstklässler klagen über häufiges Kopfweh. Bei den 12.-Klässlern steigt diese Rate auf gut die Hälfte (55,3 Prozent) aller Schüler dieser Klassenstufe. Eine Besonderheit an diesen Daten ist, dass Jugendliche, die an Oberschulen lernen, öfter von häufiger auftretenden Kopfschmerzen heimgesucht werden, als Gymnasiasten.
Die Wissenschaftler wissen, dass sich aus den Ergebnissen dieser Befragung noch kein verlässliches Bild über die Situation in ganz Deutschland zeichnen lässt. Doch die Tendenz stimmt offenbar, wie eine repräsentative Umfrage unter Siebtklässlern aus ganz Deutschland belegte. Die „Aktion Mütze“ hatte im Sommer 2016 im Rahmen einer bundesweiten Aktion Siebtklässler Fragebögen zum Thema Kopfschmerz ausfüllen lassen und kam dabei auf ähnliche Werte. Hier lag der Anteil der Schüler, die mindestens einmal im Monat Kopfschmerzen haben, bei 73,9 Prozent. Träger der „Aktion Mütze“ ist das Zentrum für Forschung und Diagnostik bei Implantaten, Entzündungen und Schmerzen (ZIES). Eine Schirmherrin der Aktion ist die sächsische Staatsministerin für Soziales und Verbraucherschutz, Barbara Klepsch.
Wissen und Selbstkontrolle gegen den Kopfschmerz wichtig
Die häufigsten Formen des Kopfschmerzes sind auch bei Kindern Migräne und Spannungskopfschmerz. Letzterer wird von den Medizinern als Warnsignal des Körpers verstanden. Die Auslöser sind vielfältig: Lange Phasen der Konzentration, Flüssigkeitsmangel, zu wenig Schlaf oder seelischen Stress können den Schmerz auslösen oder verstärken. Auch bei Migräne lösen bei vielen Patienten äußere Umstände eine Attacke aus oder beeinflussen deren Schwere. Darum ist es so wichtig, dass die betroffenen Kinder und Jugendlichen sowie ihre Eltern so viel wie möglich über Kopfschmerzen wissen.
Frühes Eingreifen verhindert spätere Chronifizierung
Das Wissen über das häufige Auftreten unterschiedlicher Formen des Kopfschmerzes bei Kindern und Jugendlichen ist ein wichtiger Ansatzpunkt dafür, verstärkt Versorgungsangebote für die Betroffenen zu schaffen. Der Aufbau der interdisziplinären Kinderkopfschmerzambulanz am Universitäts SchmerzCentrum und das DreKiP-Konzept, ein etabliertes ambulantes Therapieprogramm für Kopfschmerzkinder, sind erste Aktivitäten, um der aktuellen Unterversorgung der Schmerzpatienten im Schulalter zu begegnen. Hier lernen sie, wie sie das akute Auftreten erkennen und was sie dagegen unternehmen können. Das Programm richtet sich an solche Kinder und Jugendliche, die aufgrund ihrer Kopfschmerzen häufiger der Schule fernbleiben oder deren körperliche und geistige Leistungen unter den Attacken leiden. Auch muss eine entsprechende Diagnose durch einen Arzt gestellt worden sein.
Lebensstil-Wandel von Kindern und Jugendlichen begünstigt Kopfschmerz
Der Trend zu elektronischen Spielen und medialer Unterhaltung aber auch eine weiter komprimierte Wissensvermittlung in der Schule sind bei Kindern und Jugendlichen ebenso Risikofaktoren für das Auftreten häufiger Kopfschmerzattacken wie körperliche Inaktivität oder seelischer Stress. Mit den unterschiedlichen Formen der in das DreKiP-Programm integrierten Therapien gelingt es, dieser Entwicklung gegenzusteuern. Der Schlüssel dazu sind Aktivitäten, in denen die Betroffenen in einer Gruppe aktiv werden, wieder einen Zugang zu körperlicher Bewegung bekommen, kreativ werden und ihren eigenen Körper wahrnehmen. Diese Erkenntnis sollte nicht nur die von häufigen Kopfschmerzen heimgesuchten Kindern und Jugendlichen anregen, ihren Lebensstil auf den Prüfstand zu stellen, sondern auch ihren Altersgenossen, die bisher von diesen Problemen verschont wurden. Denn die Wahrscheinlichkeit, künftig selbst häufiger unter Kopfschmerzen zu leiden, steigt bereits in der Schulzeit.
Quelle: Universitäts SchmerzCentrum der Uniklinik Dresden