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Mutterkraut: Wirkstoff zur Nervenregeneration aus alter Heilpflanze entdeckt

Ein Düsseldorfer Forscherteam unter der Leitung von Prof. Dr. Dietmar Fischer, Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Düsseldorf, identifiziert einen Inhaltsstoff aus der Heilpflanze „Mutterkraut“, mit dem das Nachwachsen von geschädigten Nervenfasern bei Mäusen erheblich beschleunigt und verbessert werden kann. Die Forschungsergebnisse wurden in der aktuellen Ausgabe der US-Fachzeitschrift „Journal of Neuroscience“ veröffentlicht. Die Erkenntnisse könnten von großer klinischer Bedeutung sein. Fast acht Prozent der über 55-Jährigen in den Industrieländern sind von peripheren Neuropathien, das heißt Schädigung der Nerven vor allem in Beinen und Armen betroffen.

Häufig entstehen Neuropathien als Folge anderer Erkrankungen, z.B. des Diabetes mellitus oder durch neurotoxische Substanzen wie Alkohol. Sie äußern sich in z.T. schweren Empfindungsstörungen, Störungen der Motorik oder chronischen Schmerzen. In der Therapie lässt sich oft lediglich ein Stillstand der Erkrankung erreichen. Für betroffene Patienten bedeutet die Neuropathie eine erhebliche Belastung mit schwerwiegender Beeinträchtigung der Lebensqualität.

Geschädigte Nervenfasern regenerieren nur sehr langsam

Der Schlüsselvorgang bei dieser Problematik ist die sehr langsame Regeneration von Nervenfasern nach einer Schädigung. Die Neurowissenschaftler um Prof. Dr. Dietmar Fischer stellten nun fest, dass sich Mäuse mit einem genetisch veränderten Enzym deutlich schneller und besser nach Nervenverletzungen erholten als normale Tiere. Die Forscher entschlüsselten den zugrundliegenden Mechanismus dieses Effektes und suchten nach Substanzen, um diesen Effekt zu imitieren. So fanden sie den Wirkstoff Parthenolide, der aus der Heilpflanze „Mutterkraut“ stammt. Sie ist auch in Mitteleuropa heimisch und wurde traditionell als Migränemittel eingesetzt.

Zellkulturexperimente zeigten, dass Parthenolide das Nachwachsen von Nervenfasern (Axonen) erheblich beschleunigt. Sie behandelten daraufhin Mäuse mit geschädigten Ischiasnerven damit und beobachteten, dass diese bereits nach weniger als einer Woche - und damit erheblich schneller als die unbehandelten Tiere - ihre durch die Verletzung gelähmten Zehen wieder bewegen und sensorische Reize wahrnehmen konnten. Bemerkenswert ist, dass auch die systemische Verabreichung von Parthenolide wirksam war. Dies ist für eine mögliche klinische Anwendung am Menschen mit krankheits- oder verletzungsbedingten Nervenleiden sehr vielversprechend, denn bis heute gibt es in der Klinik noch keine Medikamente, die Ähnliches bewirken können. „Dieser therapeutische Ansatz ist völlig neu. Bis zur Entwicklung zu einem einsatzfähigen Medikament sind allerdings noch weitere Untersuchungen notwendig", sagt Prof. Dr. Dietmar Fischer. Ob Parthenolide auch die Regeneration des verletzten Rückenmarks oder Sehnervs, die normalerweise gar nicht regenerieren können, positiv beeinflussen kann, wird zurzeit von den Düsseldorfer Forschern ebenfalls untersucht.

Originalpublikation: Journal of Neuroscience Gobrecht et al., 2016, Promotion of Functional Nerve Regeneration by Inhibition of Microtubule Detyrosination

Quelle: Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf