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Schwere Depression: Hirn-Scan ermöglicht Aussagen zu vorteilhaften Behandlungsmöglichkeiten

Eine nuklearmedizinische Untersuchung könnte Psychiatern künftig helfen, die richtige Entscheidung zur Behandlung einer schweren Depression zu treffen. Ob Medikamente oder eine Psychotherapie besser wirken, konnten US-Mediziner an der Aktivität in einer bestimmten Hirnregion vorhersagen.

Eine nuklearmedizinische Untersuchung könnte Psychiatern künftig helfen, die richtige Entscheidung zur Behandlung einer schweren Depression zu treffen. Ob Medikamente oder eine Psychotherapie (kognitive Verhaltenstherapie) besser wirken, konnten US-Mediziner an der Aktivität in einer bestimmten Hirnregion vorhersagen. Ihre Erkenntnisse haben die Wissenschaftler kürzlich in der Fachzeitschrift „JAMA Psychiatry“ veröffentlicht. Die Untersuchung könnte nach Ansicht des Berufsverbands Deutscher Nuklearmediziner e. V. (BDN) die Behandlung von Menschen mit Depressionen verbessern und das Verständnis der Erkrankung verändern.

Medikamente und Psychotherapie sind bei der Depression häufig konkurrierende Behandlungsmethoden. Beide Therapien führen auf Anhieb nur bei etwa 40 Prozent der Patienten zum Erfolg, und manchmal vergehen mehrere Monate, bis der Psychiater ein wirksames Mittel gefunden hat. „In den vergangenen Jahren wurden daher Anstrengungen unternommen, um anhand von Symptomen, Labortests oder der Bestimmung der Hirnströme den Therapieerfolg vorherzusagen“, berichtet Professor Dr. med. Detlef Moka, Vorsitzender des BDN. „Doch ein geeigneter Biomarker wurde bisher nicht gefunden.

Mediziner der Emory Universität in Atlanta/Georgia scheinen jetzt mit einer nuklearmedizinischen Untersuchung mehr Erfolg gehabt zu haben. Die Forscher nutzen die Möglichkeiten der Positronen-Emissions-Tomografie (PET), die den Glukoseverbrauch und damit die Aktivität in den einzelnen Hirnregionen misst. Den Patienten werden dabei schwach radioaktiv markierte Zuckermoleküle in die Vene gespritzt, deren Verteilung im Gehirn ein PET-Scanner erfasst. Die Untersuchung ist gefahrlos, die Strahlenbelastung in etwa so hoch wie bei einer Röntgenuntersuchung. Das radioaktive Kontrastmittel scheidet der Körper nach wenigen Stunden mit dem Urin und dem Stuhl wieder aus.

Das US-Forscherteam um Helen Mayberg hatte nun die Idee, bei den Aufnahmen auf die Aktivität in der sogenannten Inselrinde oder Insellappen zu achten – einer Hirnregion, die über dem Ohr liegt. „Die Insula gehört zu den Schaltstellen des Gehirns, die das Gefühlsleben beeinflussen, und der vordere Abschnitt wurde schon länger mit der schweren Depression in Verbindung gebracht“, erläutert Detlef Moka. Ergebnis der US-Studie: Ein verminderter Glukoseverbrauch in der Insula im Vergleich zum restlichen Großhirn ist mit guten Behandlungschancen einer kognitiven Verhaltenstherapie verbunden. Patienten mit einem gesteigerten Glukoseverbrauch in der Insula sprechen dagegen eher auf eine medikamentöse Therapie mit Antidepressiva an.

Die Studie, die kürzlich in „JAMA Psychiatry“ veröffentlich wurde, war mit 67 Teilnehmern relativ klein. Sollten sich die Ergebnisse aber in weiteren Studien bestätigen, wären sie von großer Bedeutung nicht nur für die Therapie, sondern auch für das Verständnis der Depression. „Depressionen sind in Deutschland fast zu einer Volkskrankheit geworden. Die Verzögerungen, die sich aus der langwierigen Suche nach einer effektiven Therapie ergeben können, sind sehr belastend für die Betroffenen und zudem ein Kostenfaktor“, sagt Detlef Moka.

Die gegensätzliche Aktivierung der Insula könnte nach Ansicht des Experten auch darauf hinweisen, dass es zwei Varianten der schweren Depression gibt, die unterschiedlich behandelt werden müssen und denen möglicherweise auch verschiedene Ursachen zugrunde liegen. „Die PET-Technik könnte helfen, die Grundlagen der Erkrankung besser auszuleuchten“, so BDN-Vorsitzender Detlef Moka.

Literatur: McGrath CL, Kelley ME, Holtzheimer PE, Dunlop BW, Craighead WE, Franco AR, Craddock RC, Mayberg HS.: Toward a Neuroimaging Treatment Selection Biomarker for Major Depressive Disorder. JAMA Psychiatry. 2013 Jun 12:1-9. doi: 10.1001/jamapsychiatry.2013.143.

Quelle: www.bdn-online.de