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Studie: Kontrastmittel vermag drohende Hirnblutung bei Aneurysmen anzuzeigen

Eine neue Untersuchung könnte es Ärzten künftig erstmals ermöglichen, zwischen gefährlichen und harmlosen Gefäßaufweitungen im Gehirn, sogenannten Aneurysmen, zu unterscheiden.

Eine neue Untersuchung könnte es Ärzten künftig erstmals ermöglichen, zwischen gefährlichen und harmlosen Gefäßaufweitungen im Gehirn, sogenannten Aneurysmen, zu unterscheiden. Die blasen- und schlingenförmigen Aussackungen in den Hirnarterien werden seit einigen Jahren immer häufiger zufällig bei Menschen entdeckt, die sich einer Kernspin- und Computertomographie unterziehen. Jährlich sterben etwa 5 000 Menschen in Deutschland an solchen geplatzten Gefäßfehlbildungen.

Hirnaneurysmen sind Aussackungen der Wände von Blutgefäßen im Gehirn. Solange sie geschlossen sind, verursachen sie keine Beschwerden. Ärzte entdecken die Gefäßfehlbildungen in der Regel nur, wenn aus anderen Gründen eine Kernspin- und Computertomographie des Kopfes durchgeführt wird. Die Chancen auf einen solchen Zufallsbefund sind groß, denn etwa drei Prozent aller Erwachsenen entwickeln Hirnaneurysmen. In den meisten Fällen sind sie harmlos. Doch jedes Jahr kommt es in Deutschland bei etwa 10.000 Menschen zu einer Blutung aus einem Aneurysma. „Es handelt sich dabei immer um ein katastrophales Ereignis, an dem fast die Hälfte der Patienten verstirbt“, erläutert Professor Dr. med. Hans-Jakob Steiger, Direktor der Klinik für Neurochirurgie am Universitätsklinikum Düsseldorf.

Die Gefahr einer Blutung kann heute durch eine Operation oder eine Katheter-Behandlung beseitigt werden. „Beide Verfahren sind mit einem gewissen, wenngleich niedrigen Komplikationsrisiko verbunden“, erläutert Steiger. Die Eingriffe müssen deshalb auf Patienten beschränkt bleiben, bei denen ein Aneurysma zu platzen droht. „Leider gab es bisher keine sichere Möglichkeit vorherzusagen, welche Aneurysmen später rupturieren und dann bluten werden und welche nicht“, berichtet der Neurochirurg. Die Ärzte waren auf vage Hinweise wie Größe, Form und Lage der Gefäßfehlbildung angewiesen.

Zuverlässigere Informationen versprechen sich die Experten jetzt von einer neuartigen Kontrastmitteluntersuchung. Den Patienten wird dazu am Tag vor einer Kernspintomographie ein eisenhaltiges Kontrastmittel in die Vene gespritzt. Die Ärzte verwenden Ferumoxytol, ein Eisen-Kohlenhydrat-Komplex, der vor zwei Jahren nach sorgfältiger klinischer Prüfung als Medikament zur Behandlung eines schweren Eisenmangels zugelassen wurde. „Für die Patienten ist dieses Kontrastmittel ungefährlich“, erläutert Steiger. Nach der Injektion erreicht das Ferumoxytol über den Blutkreislauf das Aneurysma. Eine neue Studie, die in der renommierten Fachzeitschrift „Stroke“ veröffentlicht wurde, zeigt nun: Ist die Gefäßwand brüchig und beschädigt, kommen dort vermehrt Fresszellen vor, sogenannte Makrophagen. Sie nehmen das Kontrastmittel auf und lagern es ein. Dadurch ist es am nächsten Tag als Anreicherung auf der Kernspinaufnahme sichtbar. Makrophagen wandern bei Verletzungen aus dem Blut ins Gewebe ein, um den Heilungsprozess einzuleiten.

Wie die US-Studie weiter belegt, weist eine frühe Aufnahme von Ferumoxytol innerhalb von 24 Stunden auf ein stark erhöhtes Risiko hin, dass das Gefäß reißt und es zu einer Blutung kommt. Vergehen dagegen drei Tage, bis sich das Kontrastmittel in der Gefäßwand anreichert, ist die Gefahr einer Ruptur gering. „Bei keinem der Aneurysmen, die erst nach drei Tagen eine Kontrastmittel-Anreicherung zeigten, kam es innerhalb von sechs Monaten zu einer Blutung oder Größenzunahme“, sagt Steiger. „Damit scheint erstmals eine Methode in greifbarer Nähe, um harmlose von gefährlichen Hirnaneurysmen zu unterscheiden.“ Ob diese Untersuchungsmethode zur Prognose des Blutungsrisikos bei Aneurysmen geeignet ist, müssten weitere Studien erweisen.

Über neue Verfahren zur Diagnostik und Therapie des Aneurysma diskutierten Experten auf der 64. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Neurochirurgie.

Publikationen: www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23138441

www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22738097Quelle: Informationsdienst Wissenschaft