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Videospieler punkten mit Effizienz und Selbstkontrolle

Videospieler mögen stundenlang bewegungslos vor dem Bildschirm verharren, mit den Augen und in bestimmten Hirnleistungen sind sie jedoch flinker als andere Menschen. Eine Studie des Hertie-Institut für klinische Hirnforschung (HIH) der Universität Tübingen zeigt nun, dass Videospieler, die regelmäßig spielen, sich durch kürzere Reaktionszeiten und schnellere Augenbewegungen auszeichnen. Das könnte ihnen auch außerhalb der virtuellen Welt nutzen. Die Studie wurde jetzt in der Fachzeitschrift Vision Research veröffentlicht.

Videospieler mögen stundenlang bewegungslos vor dem Bildschirm verharren, mit den Augen und in bestimmten Hirnleistungen sind sie jedoch flinker als andere Menschen. Eine Studie des Hertie-Institut für klinische Hirnforschung (HIH) der Universität Tübingen zeigt nun, dass Videospieler, die regelmäßig spielen, sich durch kürzere Reaktionszeiten und schnellere Augenbewegungen auszeichnen. Das könnte ihnen auch außerhalb der virtuellen Welt nutzen. Die Studie wurde jetzt in der Fachzeitschrift Vision Research veröffentlicht.

„Viele Actionspiele für Computer oder Konsole stellen hohe Anforderungen an Aufmerksamkeit, Konzentrationsfähigkeit und Reaktionsbereitschaft, die auf Dauer bestimmte Fähigkeiten des Gehirns trainieren“, sagt der Erstautor der Studie, David Mack vom Hertie-Institut für klinische Hirnforschung der Universität Tübingen. Frühere Untersuchungen hätten gezeigt, dass sich das Arbeitsgedächtnis, die Wahrnehmung von Kontrasten und die Verarbeitung sensorischer Informationen durch regelmäßiges Videospielen verbessern können. Selbst Vorteile bei minimal-invasiven Operationen, bei denen Chirurgen ihre Aktionen am Bildschirm kontrollieren müssen, seien nachgewiesen, fügt der Forscher hinzu.

Gemeinsam mit Professor Uwe Ilg, der am HIH die Arbeitsgruppe zur Okulomotorik leitet, untersucht Mack das Zusammenspiel von Gehirn und Augenbewegungen. Um die Auswirkungen des Videospielens zu beurteilen, haben die beiden Neurowissenschaftler eine einfache Versuchsanordnung aufgebaut. Ihre Probanden sitzen vor einem Bildschirm, auf dem in kurzen Abständen Punkte aufleuchten. In einem ersten Test müssen die Probanden so schnell wie möglich zwei Punkten mit dem Blick folgen, wobei sie in der Regel ruckartige Bewegungen, sogenannte Sakkaden ausführen. In einem zweiten Test sollen die Probanden beim Aufleuchten eines Punktes absichtlich in die entgegengesetzte Richtung schauen. Ilg und Mack bezeichnen dies als Anti-Sakkaden.

An den Tests nahmen insgesamt 67 junge Menschen im Alter von durchschnittlich 18 Jahren teil. Etwa die Hälfte gab an, täglich mehr als eine Stunde mit Videospielen zu verbringen. Die Auswertung der Ergebnisse zeigte, dass Spieler in beiden Tests schneller reagierten als die Kontrollgruppe mit weniger oder keiner Spielerfahrung an Rechner oder Konsole. David Mack: „Die Videospieler benötigten weniger Zeit bis zum Beginn der Sakkaden und auch die Geschwindigkeit ihrer Augenbewegungen war eindeutig höher, als bei den weniger erfahrenen Spielern. Auch mit dem anspruchsvolleren Test der Anti-Sakkaden kamen sie besser zurecht.“

Videospieler besäßen ein besseres visuell-motorisches System, schließt Mack aus den Ergebnissen. „Sie sind zumindest in unserer Versuchsanordnung aufmerksamer, wacher und deshalb reaktionsschneller“, meint der Experte, dessen Experimente mit einem Vorurteil aufräumen. „Viele Menschen denken, dass Videospiele Kinder hektisch und zappelig machen und eine verminderte Impulskontrolle eher zu fehlerhaften Handlungen verleitet“, so der Neurowissenschaftler weiter. „Unsere Ergebnisse zeigen das Gegenteil. Obwohl Videospieler deutlich schneller reagierten, machten sie nicht mehr Fehler als Nicht-Spieler“, sagt Mack. Der Konsum von Videospielen scheint mit einer Effizienzsteigerung des visuell-motorischen Systems einherzugehen, ohne dabei negativ auf die Selbstkontrolle einzuwirken.

Originaltitel der Publikation
Mack DJ, Ilg UJ. The effects of video game play on the characteristics of saccadic eye movements. Vision Res. 2014; 102: 26-32; doi:10.1016/j.visres.2014.07.010; www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0042698914001692

Quelle: Hertie-Institut für klinische Hirnforschung (HIH)