Die Entwicklung von Sinnesprothesen zum Sehen oder Hören ist ein Ziel von Sinnesforschung. Doch die Arbeit der Sinnesforscher war bisher erschwert, weil sie die natürlichen Verknüpfungen der Nervenzellen dafür nicht genau genug untersuchen können. Eine Forschergruppe der Universitätsmedizin Göttingen hat in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern des Italienischen Instituts für Technologie ein neues Verfahren für die Sinnesforschung entwickelt. Mit ihm gelingt es, aus Messungen der Reaktionen einzelner Nervenzellen auf sensorische Reize ein Abbild vorgeschalteter Nervenzellen zu rekonstruieren. Das „virtuelle Mikroskop“ macht komplexe Verschaltungen von Nervenzellen „sichtbar“, die bisher nicht erkennbar waren. Dies erleichtert die Untersuchung der Sinnessysteme und damit auch die Entwicklung von Sinnesprothesen.
Erkenntnisse könnten therapeutischen Nutzen haben
Die Untersuchungen zur Entwicklung des neuartigen virtuellen Mikroskops für die Sinnesforschung wurden unter der Leitung von Prof. Dr. Tim Gollisch, Professor für „Sensory Processing in the Retina“ in der Klinik für Augenheilkunde an der Universitätsmedizin Göttingen, durchgeführt. Mit ihrer neuartigen Methode haben die Forscher bereits Verschaltungen von Nervenzellen in der Netzhaut des Auges rekonstruiert. Für die Zukunft hoffen sie, dass sich damit auch Therapiemethoden testen und verbessern lassen, die derzeit zur künstlichen Anregung der Netzhaut im Fall von Blindheit entwickelt werden. Die Ergebnisse sind jetzt im renommierten Wissenschaftsmagazin „Nature Communications“ veröffentlicht.
Originalveröffentlichung: Liu JK, Schreyer HM, Onken A, Rozenblit F, Khani MH, Krishnamoorthy V, Panzeri S, Gollisch T (2017). Inference of neuronal functional circuitry with spike-triggered non-negative matrix factorization. Nature Communications 8, Article number: 149 (2017). doi:10.1038/s41467-017-00156-9. www.nature.com/articles/s41467-017-00156-9
Quelle und weitere Informationen: Universitätsmedizin Göttingen - Georg-August-Universität