Das Empfinden von Einsamkeit ist weit verbreitet, kommt in allen Bevölkerungsgruppen vor und betrifft die gesamte Lebensspanne von der Pubertät über das mittlere Lebensalter bis hin zum älteren Menschen. Das Gefühl von Einsamkeit kann dabei ein vorübergehender Zustand sein, aufgrund eines Wohnort-, Schul-, oder Jobwechsels. Gründe für eine längerfristige Vereinsamung können in einer Erkrankung, einer Trennung, der Pensionierung oder auch dem Tod des Lebenspartners bestehen. In manchen Fällen suchen Menschen die Einsamkeit auch als Selbstschutz, weil sie schlechte Erfahrungen mit der Gesellschaft gemacht haben, beispielweise durch Mobbing oder andere Ausgrenzungserfahrungen.
Problematisch wird es, wenn Einsamkeit chronisch wird, mit sozialer Isolation einhergeht und weniger soziale Beziehungen bestehen als einem lieb ist. „Das Gefühl von Einsamkeit ist unangenehm und nicht einfach zu ertragen. Es kann sich geradezu schmerzlich anfühlen, denn fehlende Sozialkontakte gehen meist mit einem Mangel an Anerkennung, Bestätigung, Wertschätzung und Zuneigung durch andere einher“, berichtet Dr. Iris Hauth von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) mit Sitz in Berlin. „Wer dauerhaft unter Einsamkeit und einer damit verbundenen Leere leidet, steht unter chronischem Stress, der insbesondere auch die psychische Gesundheit gefährdet.“ Einsamkeit kann zum Risikofaktor für psychische Erkrankungen wie Depression, Angsterkrankungen sowie Zwangsstörungen werden. Auch neigen einsame Menschen eher zu allgemein gesundheitsschädlichen Verhaltensweisen, beispielsweise ernähren sie sich häufig schlechter. Gleichzeitig ist Einsamkeit oft mit Scham verbunden, was Betroffene noch weiter in den Rückzug und die Resignation treiben kann.
Jeder menschliche Kontakt kann hilfreich sein, auch wenn er oberflächlich ist
Gehört man nicht zu den Menschen, die einsam sein als akzeptierten Teil der eigenen Persönlichkeit wahrnehmen, und diesem Umstand etwas abgewinnen können, kann man mit kleinen Schritten versuchen, Wege aus der Isolation zu finden. „Man kann zunächst mit einfachen Gesprächen im Bus oder am Gartenzaun versuchen, wieder auf Menschen zuzugehen. Schon aus flüchtigen Begegnungen können positive Reaktionen entstehen und daraus kann man Mut schöpfen“, rät Dr. Hauth. „Wer etwas mehr Energie und Zeit aufbringen kann, hat die Möglichkeit, ein Ehrenamt zu übernehmen. Gerade über so eine Aufgabe kann man gut erleben, dass man gebraucht wird und etwas bewegen kann.“ Auch Kurse an der Volkshochschule oder die Teilnahme an Sportgruppen sind gute Möglichkeiten, mit Menschen in Kontakt zu kommen.
Um Einsamkeit zu bekämpfen, kann es auch helfen, sich zunächst mit sich selbst zu beschäftigen
Hat man sich einmal an bestimmte Umstände gewöhnt, kann es mühsam sein, wieder auf Menschen zuzugehen und Kontakte zu knüpfen. Gerade, wenn sich Unsicherheit und eine negative Grundhaltung eingestellt haben. „Dann ist es sehr wichtig, Selbstfürsorge zu betreiben und den eigenen Bedürfnissen nachzukommen. Das bedeutet, sich selbst mit Freundlichkeit und Mitgefühl zu behandeln und eine positive Beziehung zu sich selbst aufzubauen“, betont die Expertin. „Man kann auch alleine etwas Schönes und Genussvolles erleben und sich darüber Freude zurück in den Alltag holen.“ Selbstfürsorge hat auch mit Selbstbestimmung zu tun und darüber lassen sich Berührungsängste und Unsicherheit abbauen.
Berührungsängste lassen sich auch über virtuelle Kontakte ein Stück weit abbauen. Für Menschen, die sich über einen längeren Zeitraum einsam fühlen, können soziale Netzwerke eine Möglichkeit sein, wieder mit Menschen Kontakt aufzunehmen, weil die Hemmschwelle zur Kommunikation hier deutlich niedriger ist. „Soziale Netzwerke sind aber kein Ersatz für reale zwischenmenschliche Interaktionen und Beziehungen – dessen sollte man sich letztlich bewusst sein. Sie können sogar das Risiko, zu vereinsamen, erhöhen, wenn man überwiegend Kontakte über dieses Medium pflegt“, warnt die Psychiaterin. Wer sich in einer Krisensituation lieber einem Menschen anvertrauen möchte, für den ist auch die Telefonseelsorge ein guter Anlaufpunkt. Wenn jedoch klar wird, dass man diese Schritte nicht mehr alleine schafft, weil das Problem bereits an eine Depression gekoppelt ist, dann ist professionelle Hilfe angebracht.
In der Welt der Zukunft, in der zunehmend menschliches Miteinander durch Technik ersetzt werden dürfte, wird eine Kultur der Achtsamkeit noch wichtiger, die den großen Wert von Beziehungen wahrnimmt.
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