Neurologische Erkrankungen als mögliche Nebenwirkung einer Corona-Impfung haben bereits zu großer Verunsicherung geführt. Jetzt kommt die Entwarnung, denn eine Untersuchung von Forschenden aus dem Vereinigten Königreich (UK) und Spanien mit rund 23 Millionen Teilnehmern belegt, dass neurologische Erkrankungen nach einer Impfung gegen Corona nicht gehäuft auftreten – nach einer Corona-Infektion bei Ungeimpften dagegen schon!
Nach einer Infektion treten insbesondere drei neurologische Erkrankungen häufiger auf
An der Studie nahmen 8.330.497 Menschen teil, die mindestens eine Dosis eines Corona-Impfstoffes (Astrazeneca, Biontech, Moderna oder Johnson & Johnson) erhalten hatten, außerdem 735.870 ungeimpfte Personen, die sich nachweislich (mittels PCR-Test) mit Corona infiziert hatten, sowie eine Kontrollgruppe mit 14.330.080 Menschen aus der Allgemeinbevölkerung. Dann wurde die Häufigkeit von neurologischen Erkrankungen bei den Geimpften 21 Tage nach der ersten Corona-Impfung, bei den Ungeimpften 90 Tage nach einem positiven PCR-Test auf eine Corona-Infektion und in der Allgemeinbevölkerung in einem Beobachtungszeitraum von zwei Jahren (zwischen 2017 und 2019) ermittelt. Ergebnis: Die Häufigkeit der Entwicklung von neurologischen Erkrankungen - wie Gesichtslähmungen (Fazialisparesen), Entzündungen des Gehirns und des Rückenmarks (Encephalomyelitiden) oder das Guillain-Barré-Syndrom (eine Form von Polyneuropathie aufgrund einer Autoimmunreaktion, bei der es zu Muskelschwäche kommt) - war in der Gruppe der Menschen mit Corona-Impfung vergleichbar mit derjenigen in der Allgemeinbevölkerung - also unauffällig. Demgegenüber fielen die Inzidenzraten bei den ungeimpften Corona-Infizierten deutlich höher aus, als in der Allgemeinbevölkerung zu erwarten gewesen wäre. „Daraus schlussfolgern die Studienautoren, dass eine Impfung gegen Corona nicht mit der Entwicklung von neurologischen Erkrankungen wie Fazialisparese, Encephalomyelitis, Guillain-Barré-Syndrom zusammenhängt – eine Corona-Infektion bei Ungeimpften hingegen schon!“, erklärt Dr. Curt Beil vom Berufsverband Deutscher Neurologen (BDN) mit Sitz in Krefeld.
Ursache des sog. Neuro-Covid ist offenbar immunbedingt
Experten zufolge ist die Ursache des sog. Neuro-Covid-Syndroms eine deutlich geschwächte Immun- und Interferonantwort bei COVID-Patienten, die zu Begleit- und Folgeerscheinungen führen, die speziell das Nervensystem betreffen. „Am bekanntesten ist der Verlust des Geschmacks- oder Geruchssinns, aber auch schwere Komplikationen - wie Schlaganfälle, Krampfanfälle oder Hirnhautentzündung - sind möglich“, erläutert Dr. Beil. Forschende vermuten, dass durch eine Erkrankung an Covid die Blut-Hirn-Schranke fehlreguliert sein könnte, so dass der Eintritt der SARS-CoV-2-Viren ins Gehirn erleichtert würde. Antikörper gegen das Spikeprotein an der Virenoberfläche können hingegen die Aufnahme der Viren in die Zellen verringern. Auch das Prinzip der Corona-Impfungen basiert darauf, Impflinge dazu zu befähigen, zielgerichtete Antikörper gegen die Viren zu bilden und diese somit daran zu hindern, in weitere Zellen einzudringen.
Hirnfunktionsstörungen durch Covid erhöhen das Sterberisiko um das Fünffache
Neurologische Komplikationen führen häufig auch dazu, an Covid zu sterben. Besonders ungünstig für die Prognose ist eine akute Hirnfunktionsstörung (Enzephalopathie) - diese erhöht das Sterberisiko um mehr als das Fünffache! Deshalb raten Neurologen dazu, sich gegen Covid impfen zu lassen. „Gerade unsere neurologischen Patienten sind ja durch das Corona-Virus besonders gefährdet. Vor allem neurologische Erkrankungen, die mit Lähmungen oder Einschränkungen der Atmung einhergehen, erhöhen das Risiko erheblich, im Fall einer Covid-Erkrankung einen besonders schweren und lebensbedrohlichen Verlauf zu erleiden, der eine Beatmung auf der Intensivstation erforderlich macht“, warnt Dr. Beil. Auch Demenzpatienten sollten gegen Corona geimpft werden, da sie die Verhaltens- und Hygieneregeln oft nicht wie empfohlen befolgen können. Die hierzulande zugelassenen Corona-Impfstoffe sind nach jetzigem Kenntnisstand sicher: Nur bei etwa zehn von einer Million Geimpften – also extrem selten - können schwere allergische Reaktionen auftreten, die unter ärztlicher Aufsicht aber in den Griff zu bekommen sind.
Nur bei anhaltenden, starken Kopfschmerzen zum Arzt gehen!
Der einzige ursächliche Zusammenhang zwischen Corona-Impfungen und neurologischen Nebenwirkungen wurde für das Auftreten von sogenannten cerebralen Sinus- und Venenthrombosen (CSVT) nach der Anwendung von Vektorimpfstoffen aufgezeigt, die aber äußerst selten sind und dann zum Glück konsequent therapiert werden können. „Leitsymptome für die Entwicklung von Sinus- und Hirnvenenthrombosen - und damit Warnsignal und Vorbote - sind anhaltende, starke Kopfschmerzen. Im Gegensatz dazu sind vorübergehende Kopfschmerzen bei vielen Menschen eine normale Impfreaktion, die in der Regel kurz nach der Impfung auftreten kann und dann nur kurz anhält. Zum Arzt gehen sollten Betroffene nur, wenn sie in den ersten zwei bis drei Wochen nach der Impfung über einen Zeitraum von mehreren Tagen hinweg ungewöhnlich starke Kopfschmerzen erleiden, die sich mit frei verkäuflichen Schmerzmitteln nicht oder nur teilweise lindern lassen. Das gilt vor allem, wenn zusätzlich neurologische Symptome wie halbseitige Lähmungen, Gefühlsstörungen, Sprachstörungen oder epileptische Anfälle hinzukommen sollten“, betont Dr. Beil.
(äin-red) Der Abdruck dieser Pressemeldung oder von Teilen des Artikels ist unter folgender Quellenangabe möglich: www.neurologen-im-netz.org. Bei Veröffentlichung in Online-Medien muss die Quellenangabe auf diese Startseite oder auf eine Unterseite des Patientenportals verlinken. Fotos und Abbildungen dürfen grundsätzlich nicht übernommen werden.