Wiederkehrende Schwindelattacken müssen nicht unbedingt organische Ursachen haben, sie treten in vielen Fällen als Symptom einer Angststörung auf. „Beim Angstschwindel leiden die Betroffenen unter plötzlichen Anfällen mit Benommenheit, subjektiv erlebter Stand- und Gangunsicherheit und dem Gefühl, gleich in Ohnmacht zu fallen. Sie können aus heiterem Himmel auftreten oder aber in Situationen, in denen die Betroffenen vermuten, dass das Herbeiholen ärztlicher Hilfe schwierig wäre – wie in Kaufhäusern, Menschenansammlungen oder im Restaurant. Auch verschiedene Sinneseindrücke wie Balkons, Brücken oder Treppen können als Auslöser wirken“, schildert Prof. Dr. Borwin Bandelow von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) in Berlin. „Die Schwindelanfälle werden dabei als sehr bedrohliche Situation erlebt und häufig als Ursprung der Angst beschrieben, obwohl es eigentlich umgekehrt ist. Dies führt meist zu einer ängstlichen Erwartungshaltung vor der nächsten Schwindelattacke.“ Oft werden über lange Zeit organische Ursachen vermutet - wie Blockaden der Halswirbelsäule, Durchblutungsstörungen oder Herz-Kreislauf-Probleme - und die eigentliche Ursache bleibt lange Zeit unerkannt.
Schwindel kann Ausdruck verschiedener psychischer Erkrankungen sein. Auch bei Depressionen oder somatoformen Störungen kann er als Symptom vorliegen - meist in Form eines Schwankschwindels, der dauerhaft besteht. Am häufigsten tritt er jedoch in Verbindung mit der sogenannten Panikstörung auf. „Über 50 Prozent aller Schwindelformen werden auf psychogene Ursachen zurückgeführt. Dabei kann der psychisch verursachte Schwindel allein oder verbunden mit den Symptomen einer Panikattacke einhergehen, wie Herzrasen, Schwitzen, Zittern oder Luftnot“, erläutert der Professor für Psychiatrie und Psychotherapie an der Universität Göttingen. Bei Menschen mit einer Panikstörung kann auch zwischen den Panikattacken der Schwindel ein dauerhafter Begleiter sein. Psychosoziale Belastungssituation, wie partnerschaftliche, familiäre oder berufliche Probleme können den Schwindelattacken vorausgehen, in der Regel treten sie aber ohne solche äußeren Stressfaktoren auf. Die Störung beginnt häufig gegen Ende des 20. Lebensjahrzehnts und ist zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr am schlimmsten. Frauen sind doppelt so häufig betroffen wie Männer.
Bei der Behandlung des Angstschwindels haben sich verhaltenstherapeutische Therapien bewährt und gegebenenfalls auch Medikamente wie Antidepressiva. „Dabei spielt die psychoedukative Aufklärung eine große Rolle, da Betroffene häufig eine sehr intensive Selbstwahrnehmung und Selbstbeobachtung haben. Diese Selbstbeobachtungs-Spirale kann sich auch auf den Gleichgewichtssinn ausdehnen und den Schwindel damit verstärken - dies gilt es Schritt für Schritt aufzulösen“, führt der geschäftsführende Oberarzt, der eine Spezialabteilung für Patienten mit Angststörungen leitet, aus.
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