Neurologen und Psychiater im Netz

Das Informationsportal zur psychischen Gesundheit und Nervenerkrankungen

Herausgegeben von den Berufsverbänden für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland.

Spontane Gesichtslähmung meist nicht langwierig

Eine plötzliche Erschlaffung der Gesichtsmuskulatur kann ein großer Schreck für die Betroffenen sein. Oftmals handelt es sich aber um keine gefährliche Erkrankungn, wenngleich problematische Ursachen zeitnah ausgeschlossen werden müssen.

Eine plötzlich auftretende Lähmung der Gesichtsmuskulatur wird aufgrund von Einschränkungen der Mimik oft als dramatisch erlebt und ist zunächst mit großer Verunsicherung verbunden. In den meisten Fällen liegt dabei eine so genannte idiopathische Fazialisparese vor, deren Ursache unbekannt ist und die in der Regel nicht akut gefährlich und auch nicht langwierig ist. Solche Beschwerden sollten jedoch zeitnah neurologisch abgeklärt werden, um eine eindeutige Diagnose zu stellen und, um andere Erkrankungen - insbesondere auch einen Schlaganfall - auszuschließen. „Bei der idiopathischen Fazialisparese kommt es typischerweise zu einem hängenden Mundwinkel sowie gelegentlich auch Missempfindungen in Bereich der gleichen Wange. Oftmals ist das Schließen des Augenlids nicht vollständig möglich und es können Geschmacksstörungen auftreten sowie seltener eine Überempfindlichkeit gegenüber Schall“, berichtet Prof. Dr. Gereon Nelles vom Berufsverband Deutscher Nervenärzte (BVDN). „Diese Fazialisparese tritt überwiegend als halbseitige Gesichtslähmung auf und kann über mehrere Stunden bis Tage fortschreiten. Manche Patienten wachen morgens auch mit diesen Symptomen auf. Beim Großteil der Betroffenen erfolgt jedoch eine komplette Rückbildung der Beschwerden auch unbehandelt innerhalb von wenigen Wochen. Eine Behandlung mit Steroiden wird heute empfohlen, um eine vollständige Rückbildung zu begünstigen“ Die idiopathische Fazialisparese geht mit einer meist zeitweisen Funktionsstörung des Gesichtsnervs einher, wobei die genaue Ursache nicht auszumachen ist. Vermutet wird in vielen Fällen eine lokale Reaktivierung von Herpes-Viren mit einer anschließenden Entzündungsreaktion im Bereich des Gesichtsnervs. Eine antivirale Therapie gegen diese Erreger zeigt allerdings hier keine gewünschte Wirkung.

Ausschluss problematischer Ursachen notwendig

Bei der Fazialisparese wird zwischen peripherer und zentraler Form unterschieden. Bei der peripheren Form ist der Nerv selbst in seinem Verlauf geschädigt, bei der zentralen Form ist die Steuerung des Nervs in Bereichen des Gehirns gestört – etwa in Folge eines Schlaganfalls. Etwa ein Viertel aller Gesichtslähmungen kann auf konkrete Ursachen zurückgeführt werden. Eine gründliche neurologische Untersuchung ist notwendig, um mögliche Erkrankungen oder Verletzungen auszuschließen oder festzustellen. „In manchen Fällen sind bestimmte Viren oder Bakterien für die Symptome verantwortlich, wie beispielsweise das reaktivierte Windpocken-Virus oder auch eine Borreliose. Doch auch Autoimmunerkrankungen, angeborene Fehlbildungen, Tumoren oder Verletzungen können eine Lähmung der Gesichtsmuskulatur hervorrufen. Die Therapie richtet sich dann nach der Ursache für die Beschwerden“, ergänzt der Neurologe. Allgemein ist in diesen Fällen die Prognose der Lähmung schlechter und die Erholung der Funktionen dauert meist länger.

Als allgemeine Therapiemöglichkeiten bei Gesichtslähmung kommen krankengymnastische Übungen der Gesichtsmuskulatur in Frage, die nach vorheriger Anleitung selbst vor einem Spiegel durchgeführt werden können. Im Fall von trockenen Augen durch einen unzureichenden Lidschluss kann die Gabe von künstlicher Tränenflüssigkeit notwendig sein und auch ein mechanischer Schutz der Hornhaut des Auges ist sinnvoll. Längerfristige Probleme mit dem Lidschluss können durch Aufbringen von kleinen Gewichten auf das Oberlid behoben werden.

Die idiopathische Fazialisparese ist die häufigste Störung bzw. Beeinträchtigung der Hirnnerven. Auf 100.000 Personen kommen durchschnittlich 20 bis 25 Erkrankungen pro Jahr. Männer und Frauen sind gleichhäufig betroffen, wobei schwangere Frauen ein fast dreifach erhöhtes Erkrankungsrisiko haben.

Quelle:
Leitlinie "Idiopathische Fazialisparese" der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, publiziert bei: AWMF online

(äin-red) Der Abdruck dieser Pressemeldung oder von Teilen des Artikels ist unter folgender Quellenangabe möglich: www.neurologen-im-netz.org. Bei Veröffentlichung in Online-Medien muss die Quellenangabe auf diese Startseite oder auf eine Unterseite des Patientenportals verlinken. Fotos und Abbildungen dürfen grundsätzlich nicht übernommen werden.