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Umfeld über unangenehmes Zittern aufklären

Bei Menschen, die unter einem so genannten essentiellen Tremor leiden, kommt es zu unkontrollierbaren Bewegungen von Körperteilen, wie beispielsweise einem Zittern der Hände.

Bei Menschen, die unter einem so genannten essentiellen Tremor leiden, kommt es zu unkontrollierbaren Bewegungen von Körperteilen, wie beispielsweise einem Zittern der Hände. Der Tremor kann die alltäglichen Aktivitäten sehr einschränken. So können Betroffene bei der Ausführung verschiedenster Tätigkeiten und Handlungen große Schwierigkeiten haben, wie beispielweise beim Trinken aus einer Kaffeetasse, beim Essen oder beim Ankleiden. „Betroffenen ist es oft peinlich und unangenehm, dass das Zittern für die Umwelt sichtbar ist“, berichtet Dr. Frank Bergmann, Vorsitzender des Berufsverbandes Deutscher Nervenärzte (BVDN) mit Sitz in Krefeld. „Diese Bedenken und auch die funktionellen Einschränkungen führen dann in vielen Fällen zu einer Zurücknahme von sozialen Aktivitäten oder Kontakten und können schließlich sogar in der Isolation münden. Um dies zu verhindern ist es vorteilhaft, dass Betroffene die Menschen in ihrem Umfeld über die neurologische Bewegungsstörung aufklären. Dadurch können Außenstehende mehr Rücksicht auf die Besonderheiten nehmen und auch mal Hilfestellung leisten, wenn es erforderlich sein sollte.“ Sozialer Rückzug sollte möglichst vermieden werden, weil hierdurch die Entwicklung von Depressionen gefördert wird.

Essentieller Tremor gehört zu den häufigsten neurologischen Tremorformen. Der Begriff „essentiell“ bedeutet, dass für die Beschwerden keine Ursache - wie beispielsweise eine andere Erkrankung oder Medikamenten-Nebenwirkungen - ausgemacht werden kann. „Bei einem essentiellen Tremor zittern die Patienten verstärkt, wenn sie eine bewusste Bewegung ausführen – also beispielsweise wenn sie jemandem die Hand geben oder ein Dokument unterscheiben. Vom Zittern können neben den Extremitäten auch der Kopf und die Stimme betroffen sein“, ergänzt der niedergelassene Nervenarzt.

Obwohl die Erkrankung chronisch verläuft und langsam fortschreitet, ist sie häufig unter- oder fehldiagnostiziert. „Betroffene vernachlässigen eine ärztliche Abklärung, weil sie das Zittern nicht als Erkrankung wahrnehmen. Untersuchungen haben gezeigt, dass bei über 70 Prozent der Betroffenen keine Diagnosestellung erfolgte, obwohl jeder vierte Studienteilnehmer zumindest eine tremorbedingte Einschränkung um Alltag verspürte“, meint der Experte. „Weiterhin wurde ermittelt, dass sich bis zu 25 Prozent der Betroffenen erkrankungsbedingt frühverrenten lassen. Bis zu 60 Prozent entschieden sich aufgrund des Tremors gegen eine Bewerbung für eine Arbeitsstelle oder eine Beförderung.“ Die psychosozialen Effekte und der Einfluss auf die Lebensgestaltung durch diese Erkrankung dürfen nicht unterschätzt werden.

Der essentielle Tremor ist nicht heilbar. Die meisten Patienten profitieren aber von einer medikamentösen Therapie, wenn Einschränkungen im Alltag vorhanden sind. „Als Behandlungsmaßnahme können beispielsweise die Wirkstoffe Primidon oder Propranolol einzeln oder in Kombination individuell eingesetzt werden“, ergänzt der Experte. „Bei starken Einschränkungen im Alltag und unzureichendem Ansprechen auf Medikamente, steht als Therapiemöglichkeit auch die Tiefe Hirnstimulation zur Verfügung. Dabei handelt es sich um einen neurochirurgischen Eingriff in das Gehirn, mit dem die Störung korrigiert werden kann.“

Weil Stress, Aufregung und Unsicherheit den Tremor verstärken, kann für Betroffene darüber hinaus die Anwendung von Entspannungstechniken hilfreich sein. Gemieden werden sollte Koffein, welches das Zittern vorübergehend verstärkt. Auch Alkohol ist problematisch, da er zunächst die Symptome verringert, am nächsten Tag aber zu einem verstärkten Tremor führt. (äin-red)

QuelleEssentieller Tremor - Bilaterales Zittern der Hände häufig nicht diagnostiziertNeuroTransmitter 6/2012, Springer

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