Menschen mit erworbenen hirnorganischen Schädigungen können künftig eine ambulante neuropsychologische Therapie als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung beanspruchen. Einen entsprechenden Beschluss fasste der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in Berlin. Im Auftrag der KBV haben neurologische und psychiatrische Fachärzte, ärztliche Psychotherapeuten und Ärzte der ambulanten Neurorehabilitation an dem Prüfverfahren im G-BA konstant mitgewirkt. Diese Entscheidung des begrüßen Neurologen, Nervenärzte und Psychiater in Deutschland. „Es geht um die Versorgung von bis zu 60.000 Patienten, die an den Folgen eines Schlaganfalls , eines Schädelhirntraumas oder sonstiger neurologischer Erkrankungen leiden. Bisher wurden sie nach der stationären Akutbehandlung und der Neurorehabilitation nicht ausreichend ambulant versorgt“, sagte der Vorsitzende des Berufsverbandes Deutscher Nervenärzte (BVDN), Dr. Frank Bergmann.Die neuropsychologische Diagnostik und Therapie dient der Feststellung und Behandlung von hirnorganisch verursachten Störungen geistiger (kognitiver) Funktionen, des emotionalen Erlebens, des Verhaltens und der Krankheitsverarbeitung sowie der damit verbundenen Störungen psychosozialer Beziehungen. Sie vereint verschiedene therapeutische Maßnahmen zur Behandlung, Beeinflussung und Wiederherstellung (Restitution) sowohl biologischer Funktionen als auch von Verhaltensweisen einschließlich des Erlernens von Ersatz- und Bewältigungsstrategien. Die Behandlung soll in interdisziplinärer Teamarbeit erfolgenNach der neuen Neuropsychologierichtlinie sollen neuropsychologische Leistungen in einem mehrstufigen Verfahren eingeleitet werden: Fachärzte für Neurologie, Nervenheilkunde, Psychiatrie, Psychiatrie- und Psychotherapie, Neurochirurgie sowie Ärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie mit dem Schwerpunkt Neuropädiatrie und Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie stellen die Indikation fest. Anschließend soll die vertiefende neuropsychologische Diagnostik und Therapie durch Fachärzte, ärztliche und psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jungendpsychotherapeuten erfolgen, die eine spezifische, neuropsychologische Zusatzqualifikation erworben haben. Dr. Paul Reuther aus dem BVDN-Vorstand regte an, im Rahmen der Zentren für Neurologie und Seelische Gesundheit, der so genannten ZNS-Netze , regionale Arbeitsgruppen für die zügige Umsetzung der neuen Behandlungsmöglichkeiten einzurichten. Oftmals wird bei Menschen mit gestörten Hirnfunktionen bereits im Rahmen der Akutbehandlung im Krankenhaus und auch in einer sich anschließenden Rehabilitationsphase eine neuropsychologische Therapie begonnen. Mit der künftig möglichen Fortführung in der ambulanten Versorgung sollen die Chancen auf einen größtmöglichen Behandlungserfolg verbessert werden. Die Behandlung umfasst restitutive Therapieinterventionen, also Behandlungen zur neuronalen Reorganisation, kompensatorische Therapien, um Ersatzstrategien für ausgefallene Funktionen zu erlernen, und eine so genannte integrative Therapie zur Verarbeitung der Schädigungsfolgen und zur Reintegration in das soziale Umfeld. Die neue Neuropsychologie-Richtlinie erlaubt auch langfristige Therapien, wie sie bei schwergradig Hirngeschädigten erforderlich sein können. Auch sind Interventionen mit Angehörigen und sozialen Bezugspersonen möglich und erwünscht.Pro Jahr erkranken in Deutschland etwa 550 000 Menschen an einer neurologischen Erkrankung oder erleiden Unfallschäden, die zu unterschiedlichen Beeinträchtigungen der Gehirnfunktionen führen. Die Anzahl von Menschen, für die eine ambulante neuropsychologische Therapie angezeigt ist, wird auf jährlich bis 60 000 Personen geschätzt.Quelle: Pressemitteilung: BDN/G-BA