Das neue Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren soll Abschiebungen erleichtern. Künftig sollen nur noch lebensbedrohliche und schwerwiegende Erkrankungen, die sich durch eine Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, eine Rückführung verhindern. In der Begründung werden psychische Erkrankungen als schwer diagnostizier- und überprüfbar diskriminiert. Posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) gehören nach Ansicht der Bundesregierung regelmäßig nicht zu den lebensbedrohlichen und schwerwiegenden Erkrankungen. Dabei handelt es sich bei PTBS um eine schwere psychische Erkrankung, die unbedingt therapeutischer Behandlung bedarf. „Der Gesetzesentwurf verkennt die Schwere dieser Krankheitsbilder. Ohne professionelle Hilfe besteht für die Betroffenen nicht nur die Gefahr einer Chronifizierung, sondern auch einer erheblichen Selbstgefährdung. In der Folge von Traumatisierungen können aber auch Depressionen, Angststörungen und Suchterkrankungen auftreten, die das Suizidrisiko drastisch erhöhen“, erklärt DGPPN-Präsidentin Dr. Iris Hauth.
Asylsuchende gehören zu einer besonders vulnerablen Bevölkerungsgruppe. Existentielle Bedrohung in Kriegsgebieten und Flucht bedeuten für die Psyche Extremstress. PTBS und andere traumainduzierte Störungen sind immer dann die Folge, wenn die Summe der schrecklichen Erfahrungen die eigenen Bewältigungsmechanismen übersteigt. Der Alltag wird für die Betroffenen zur Qual, bei vielen ist das Selbst- und Weltbild erschüttert. Die schrecklichen Erfahrungen drängen sich ihnen in Form intensiver Erinnerungen wie Flashbacks oder Albträumen immer wieder auf. „Die Diagnose von psychischen Erkrankungen wie der PTBS ist heute genauso zuverlässig wie die Diagnostik vieler körperlicher Erkrankungen. Der Gesetzesentwurf erweckt durch seine Formulierungen aber den Eindruck, dass Asylsuchende psychische Erkrankungen regelmäßig als Abschiebungshindernis vortäuschen würden“, kritisiert Dr. Iris Hauth.
PTBS und andere Traumafolgestörungen lassen sich heute wirksam behandeln. Die Behandlung besteht in erster Linie aus einer traumafokussierenden Psychotherapie, falls erforderlich mit medikamentöser Unterstützung. Doch in vielen Kriegsgebieten fehlt die Kompetenz für die psychiatrische und psychotherapeutische Versorgung vollständig. Der Gesetzesentwurf sieht darin allerdings keinen Hinderungsgrund für eine Abschiebung, weil er nicht voraussetzt, dass die medizinische Versorgung im Herkunftsland derjenigen in Deutschland entspricht. Diese Regelung ist umso problematischer als dass sich die Symptome erheblich verschlechtern, wenn die Betroffenen an den Ort zurückgeschickt werden, an dem das Trauma verursacht wurde.
Die DGPPN übt deshalb nachdrücklich Kritik an den Regelungen im Umgang mit psychisch erkrankten Asylsuchenden im vorgelegten Asylpaket II und fordert grundlegende Korrekturen. Der Gesetzesentwurf darf psychische Erkrankungen nicht verharmlosen und betroffene Menschen nicht stigmatisieren. Zudem lässt sich das beschleunigte Asylverfahren mit den aktuellen Versorgungsstrukturen nicht umsetzen. „Asylsuchende müssen einen gesundheitlichen Hinderungsgrund für eine Abschiebung innerhalb von einer Woche ärztlich bescheinigen lassen. Wie soll dies innerhalb einer solchen kurzen Frist überhaupt möglich sein? Neben den personellen Ressourcen fehlt es in der Versorgung auch an den notwendigen sprachlichen und interkulturellen Kompetenzen, die für die Abklärung der komplexen Krankheitsbilder unbedingt notwendig sind“, betont Dr. Iris Hauth.
Quelle: Pressemitteilung DGPPN