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Borderline spezifisch behandeln

© Adam Gregor_Fotolia.com

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Neue Leitlinie empfiehlt spezielle, an die Besonderheiten der Borderline-Persönlichkeitsstörung angepasste Psychotherapien, die auch das soziale Umfeld der Patienten einbeziehen.

Eine Borderline-Persönlichkeitsstörung wirkt sich auf alle Bereiche des Lebens aus, Betroffene leiden in der Regel stark unter ihren Symptomen. Betroffenen fällt es schwer, Gefühle und Verhalten zu regulieren. Sie sind impulsiv, emotional instabil und haben Probleme mit sozialen Beziehungen. Auch selbstverletzendes Verhalten tritt häufig auf. Es dient als Hilfsmittel für den Umgang mit Emotionen: Anspannung kann „abgelassen“, Leere gefüllt werden. Meist ist dieses Verhalten aber schambehaftet. Die Erkrankung entwickelt sich meist im frühen Jugendalter. Etwa zwei von 100 Personen sind betroffen. Sie wird deutlich häufiger bei Frauen als bei Männern diagnostiziert.

Bislang wird vielfach noch unspezifisch therapiert. Die Behandelnden stützen sich bei ihren Entscheidungen auf Leitlinien aus dem Jahr 2009, die noch keine spezifischen Therapieoptionen benannten. Unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e. V. (DGPPN) wurde jetzt mit Experten aus insgesamt 23 Fachgesellschaften eine evidenzbasierte Behandlungsleitlinie für die Borderline-Persönlichkeitsstörung erarbeitet (siehe S3-Leitlinie Borderline-Persönlichkeitsstörung, online seit 14.11.2022).

Die zentrale Behandlungsempfehlung der neuen Leitlinie: Borderline-Persönlichkeitsstörungen sollen mit Hilfe spezifischer, strukturierter Psychotherapien von speziell weitergebildeten Therapeutinnen und Therapeuten behandelt werden. Empfohlen werden Programme, die auf klassischen therapeutischen Verfahren aufbauen, aber insbesondere in Bezug auf Beziehungsgestaltung und selbstschädigendes Verhalten die Besonderheiten der Borderline-Persönlichkeitsstörung adressieren. Speziell für die Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT) und die Mentalisierungsbasierte Therapie (MBT) liegen gute Nachweise der Wirksamkeit vor, wenn Symptome wie selbstverletzendes Verhalten oder Suizidalität im Vordergrund stehen.

Eine medikamentöse Behandlung wird ausdrücklich nicht als primäre Therapie empfohlen. Sofern sie sich in akuten Krisen als nötig erweist, soll sie nach deren Abklingen möglichst schnell wieder beendet werden. Auch stationäre Aufenthalte sollten, wenn überhaupt, nur im akuten Krisenfall zum Einsatz kommen und dann möglichst kurzgehalten werden.

Während man früher annahm, es sei besser, das ohnehin leicht erschütterbare Selbstbild der Borderline-Betroffenen nicht noch mit einer psychiatrischen Diagnose zu belasten, rät die neue Leitlinie zu Offenheit den Betroffenen gegenüber. Wie bei anderen Erkrankungen auch, sollen Aufklärung über die Diagnose und Psychoedukation das Krankheitsverständnis der Patienten verbessern und Behandlungen effektiver machen. Die neue Leitlinie gibt zudem erstmals Empfehlungen für die Arbeit mit Angehörigen und thematisiert auch explizit die Situation von Betroffenen mit Kindern.

Neu ist auch die Empfehlung für frühe Interventionen: Zwar wird die Erkrankung meist erstmalig im frühen Erwachsenenalter diagnostiziert, Schwierigkeiten im Umgang mit Gefühlen zeigen sich aber häufig schon viel früher. Wartet man mit der Behandlung ab, kann es sein, dass Probleme sich verfestigen. Die Leitliniengruppe ist sich deshalb einig, dass die Diagnose Borderline-Persönlichkeitsstörung nach einer fachgerechten Diagnostik bereits ab einem Alter von 12 Jahren vergeben werden soll, damit die Betroffenen frühzeitig Unterstützung und borderlinespezifische Behandlungsangebote in Anspruch nehmen können.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e. V. (DGPPN)