Der durch die European Depression Association (EDA) ausgerufene Europäische Depressionstag (European Depression Day = EDD) feierte Jubiläum und jährte sich zum 1. Oktober zum 10. Mal. Inzwischen beteiligen sich 19 europäische Länder, deren Ziel es ist, über Depression und deren Behandlungsmöglichkeiten aufzuklären. „Noch viel zu häufig werden depressive Erkrankungen zu spät erkannt und vorhandene Behandlungsmöglichkeiten unzureichend genutzt“, sagt Prof. Dr. Detlef Dietrich, Repräsentant der European Depression Association für Deutschland und Mitglied des wissenschaftlichen Gremiums der EDA.
„Würden wir die Depression rechtzeitiger und häufiger diagnostizieren sowie eine rasche und nachhaltige Behandlung einleiten, wäre die Zahl der langfristig erkrankten Menschen deutlich geringer. Leider ist die Depression eine sehr häufige Erkrankung (etwa 10 bis 20 Prozent der Menschen sind im Laufe ihres Lebens betroffen). Sie ist auch die Erkrankung (in den industrialisierten Ländern im Vergleich zu allen anderen Krankheiten), die mit den meisten Lebensjahren einher gehen, in denen die Betroffenen unter schweren Beeinträchtigungen (engl. „disabilities = Behinderung“) zu leiden haben. Die Beeinträchtigungen betreffen insbesondere das persönliche Wohlbefinden, das soziale Leben, die Familie und den Arbeitsplatz und resultieren aus der Vielzahl und Schwere mancher Symptome wie negative Stimmung mit Freudlosigkeit, Interessens- und Antriebsverlust, Schlaf- und Konzentrationsstörungen, körperlichen Beschwerden, Energielosigkeit, negative Gedanken bis hin zu Hoffnungslosigkeit und Suizidalität.
Die Beeinträchtigung jedes einzelnen Betroffenen und teilweise auch der Angehörigen sind gravierend. Der volkswirtschaftliche Schaden in den europäischen Ländern durch die Erkrankung (durch Fehlzeiten oder Beeinträchtigungen bei der Arbeit) wurde 2012 auf über 110 Milliarden Euro geschätzt. Eine Umfrage der EDA bei 7.000 Arbeitnehmern und Managern (IDEA survey = Impact of Depression in the Workplace in Europe Audit) förderte unter anderem folgendes zutage: Die durchschnittliche Anzahl der Fehltage durch die Depression betrug in Deutschland 41 Werktage pro Episode. Etwa zehn Prozent der Befragten waren betroffen. Leider empfanden sich nur ein Drittel der Manager in den Betrieben ausreichend informiert, wie mit von einer Depression Betroffenen umgegangen werden sollte.
Der 10. Europäische Depressionstag widmet sich deshalb erneut dem Thema „Depression in der Arbeitswelt“. „Ein geeigneter und nicht überfordernder Arbeitsplatz kann stabilisieren und wie ein Antidepressivum wirken“, so Prof. Dietrich. Wichtige Aspekte sollten hierbei jedoch beachtet und Unterstützungsmöglichkeiten genutzt werden. Betroffene Arbeitnehmer/innen müssen manchmal selbst erst lernen, überlastende Anforderungen am Arbeitsplatz zu erkennen und gegebenenfalls anzusprechen, sich Raum für Erholung zu schaffen, soziale und emotionale Unterstützung (insbesondere durch die Familie und Freunde) zu nutzen, auch professionelle Hilfesysteme in Anspruch zu nehmen. Seitens der Arbeitgeber ist es wichtig, Vorgesetzte zu schulen, wie eine Depression bei Arbeitnehmern erkennbar sein kann und wie man sinnvoll darauf reagieren könnte. Bei der Rückkehr (nach der Erkrankung) an den Arbeitsplatz kann eine stufenweise Wiedereingliederung und Modifikation der Arbeitsqualität und/oder -quantität sinnvoll sein. Vorbeugend kann es hilfreich sein, Angestellte in Entscheidungsprozesse mit einzubeziehen, ihre Freiheitsgrade zu erhöhen, z.B. familienfreundliche Flexibilität bei der Arbeitszeitgestaltung zu gewähren, Anerkennung und Wertschätzung für geleistete Arbeit auszudrücken und soziale Unterstützung anzubieten.
Leitfaden für BetroffeneDie European Depression Association gibt deshalb in diesem Jahr einen Leitfaden für betroffene Arbeitnehmer/innen und für Arbeitgeber heraus, der Anregungen für den Umgang mit depressiv erkrankten Menschen am Arbeitsplatz beinhaltet und Präventionsmöglichkeiten benennt (eine englische Version ist einzusehen unter www.euopeandepressionday.com; eine deutsche Übersetzung folgt in Kürze und wird unter www.european-depression-day.de erhältlich sein). Wir hoffen, dass diese von der EDA zusammengefassten Hinweise „einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Situation depressiv erkrankter Menschen am Arbeitsplatz darstellen werden“, so Prof. Dietrich.
Quelle: Stiftung Deutsche Depressionshilfe