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Experten verurteilen alte Vorurteile gegen psychisch Kranke

Fachgesellschaften und -verbände wenden sich gegen die unwissenschaftlichen Schlussfolgerungen über die Verschreibung von Psychopharmaka sowie die erneute Stigmatisierung psychisch Kranker im aktuellen Barmer-Arzneimittelreport.

Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN), der Berufsverband für Nervenärzte (BVDN) und der Berufsverband für Psychiater (BVDP) wenden sich gegen die unwissenschaftlichen Schlussfolgerungen über die Verschreibung von Psychopharmaka sowie die erneute Stigmatisierung psychisch Kranker im aktuellen Barmer-Arzneimittelreport.Nach dem Arzneimittelreport 2012 der Barmer GEK werden Frauen etwa zwei- bis dreimal mehr Psychopharmaka – wie Antidepressiva, Schlafmittel oder Tranquilizer – verschrieben als Männern. Das Fazit des Reports: Solche geschlechtsspezifischen Differenzen seien medizinisch kaum begründbar, widersprächen den wissenschaftlichen Leitlinien und bürgen ein hohes Abhängigkeitsrisiko.

„Bei Frauen treten Depressionen und Angststörungen weit häufiger auf als bei Männern, ebenso ist ihre Bereitschaft, sich mit psychischen Störungen in ärztliche Behandlung zu begeben, höher. In beiden Indikationen – Depressionen und Angsterkrankungen – empfehlen die Leitlinien Psychopharmaka. Dagegen ist bei Alkoholismus, der bei Männern viel häufiger als bei Frauen vorkommt, eine Arzneimitteltherapie gemäß geltender Leitlinien nicht regelhaft und nur unter spezifischen Bedingungen indiziert. Leitliniengemäße Behandlung hat folglich eine höhere Verordnungsrate von Psychopharmaka bei Frauen zwingend zur Folge“, so Professor Peter Falkai, Präsident der DGPPN. Mit dem Barmer-Arzneimittelreport würden erneut Vorurteile verbreitet, die psychische Störungen den Status von „Missbefindlichkeiten“ zuweisen. Die Fachgesellschaft und die Berufsverbände weisen erneut darauf hin, dass viele psychische Störungen chronische Erkrankungen seien, die leitlinienbasiert eine Dauertherapie mit Psychopharmaka erforderlich machen. „Dass diese mit unerwünschten Wirkungen verbunden sind, ist bekannt und gilt genauso für jede andere Arzneimitteltherapie, wie zum Beispiel für Bluthochdruck und Diabetes. Es muss aber betont werden, dass die Pharmakotherapie leitlinienbasiert einen integralen Bestandteil einer multidimensionalen Therapie psychischer Erkrankungen darstellt. Diese führt bei den Betroffenen nachweislich zu einem höheren Gewinn an Lebensqualität und Selbstbestimmung“, sagt Professor Falkai. Die ausführliche Stellungnahme finden Sie unter www.dgppn.de/publikationen/stellungnahmen/detailansicht/select/stellungnahmen-2012/article/141/arzneimittel-1.html