Ein Blick in repräsentative epidemiologische Erhebungen zeigt: Während Alkoholabhängigkeit und Suizid vermehrt Männer betreffen, werden bei Frauen häufiger Depressionen, Angststörungen oder Essstörungen diagnostiziert. Unter den Betroffenen mit Depressionen oder Angststörungen ist der Anteil der Frauen im Vergleich zu den Männern doppelt so hoch, Magersucht betrifft sogar fast viermal so viele Frauen wie Männer.
Diese Statistiken spiegeln sich auch in den Arbeitsunfähigkeitstagen wider: Frauen fehlen am Arbeitsplatz deutlich häufiger aufgrund einer psychischen Erkrankung als ihre männlichen Kollegen. Nach aktuellen Daten der DAK-Gesundheit sind es im Geschlechtervergleich 67 Prozent mehr Fehltage. Hinzu kommt eine massiv höhere Rate der Verschreibungen von Psychopharmaka: Jede elfte Frau bekam im vergangenen Jahr eine Verordnung für Antidepressiva, aber nur jeder zwanzigste Mann.
Diese geschlechtsspezifischen Unterschiede lassen sich auf verschiedene Faktoren zurückführen, wie Prof. Dr. Anette Kersting, Leiterin des DGPPN-Fachreferates für genderspezifische Fragen, erklärt: „Während bei Männern in der Diagnostik und Therapie traditionell eher körperliche Ursachen im Fokus stehen, ist bei Frauen eine Tendenz zur Betonung der seelischen Komponente festzustellen. Außerdem gibt es Hinweise, dass Frauen und Männer sich darin unterscheiden, wie sie mit psychischem Stress umgehen, welche Symptome sie erleben, wie sie davon berichten und welche Hilfsangebote sie in Anspruch nehmen.“
Darüber hinaus können Unterschiede in den Lebensbedingungen und der sozialen Lage eine Rolle spielen. Frauen sind häufiger alleinerziehend und gehören, auch deshalb, öfters niedrigen Einkommensschichten an. Die Vereinbarkeit von Beruf und Kindererziehung sowie die Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger, die ebenfalls häufiger durch Frauen erfolgt, sorgen für zusätzliche Belastungen. Chronischer Stress und psychische Erkrankungen können die Folge sein. Auch frauenspezifische Lebensphasen wie die Zeit vor und nach der Geburt eines Kindes oder auch die Menopause erhöhen die Wahrscheinlichkeit für ein psychisches Ungleichgewicht.
„Die Frauengesundheitskonferenz der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und des Bundesministeriums für Gesundheit rückt eine wichtige Thematik in den Vordergrund, die Gesellschaft und Gesundheitswesen gleichermaßen betrifft. Die Prävention psychischer Erkrankungen muss den sozialen Rollenkonflikten von Frauen stärker Rechnung tragen. Gleichzeitig gilt es, sich in der Versorgung, Diagnostik und Therapie besser auf die spezifisch männlichen und weiblichen Aspekte psychischer Erkrankungen einzustellen. Dazu müssen alle an der Versorgung beteiligten Berufsgruppen eine größere Sensibilität entwickeln“, erklärt DGPPN-Präsidentin Dr. Iris Hauth.
Quelle: Pressemitteilung DGPPN