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Schon Studienanfänger im Lehramt empfinden hohe Belastungen – Burnout-Risiko erhöht

Gegen Ende ihres Berufslebens gehen Lehrer aufgrund von Burnout häufiger als andere Berufsgruppen in den vorzeitigen Ruhestand. Das kostet die Gesellschaft viel Geld, gestresste Lehrer machen darüber hinaus schlechteren Unterricht. Saarbrücker Bildungsforscher um Professorin Julia Karbach sowie Corinna Reichl vom Universitätsklinikum Heidelberg haben herausgefunden, dass angehende Lehrerinnen und Lehrer schon zu Beginn des Studiums ein höheres Burnout-Risiko tragen als andere Berufsgruppen. Die Studie, die im Journal of Vocational Behavior erschienen ist, könnte dabei helfen, gezieltere Studienberatungsangebote zu erstellen, um bereits im Vorfeld geeignetere Lehramtskandidaten zu finden.

Stundenlanger Lärm, Schüler, die schwer zu motivieren sind, und anspruchsvolle Eltern und das Tag für Tag, Jahr für Jahr: Lehrerinnen und Lehrer haben oft keinen leichten Job. Viele von ihnen halten dem Druck nicht stand und gehen, völlig ausgebrannt, vorzeitig in den Ruhestand. Solche Burnout-Patienten kosten die Gesellschaft viel Geld, da der Staat sowohl die Pensionen der Vorruheständler als auch die Gehälter der nachrückenden Junglehrer aufbringen muss. Außerdem leidet die Unterrichtsqualität: Gestresste Lehrer sind öfter krank und sie halten in der Regel auch keinen guten Unterricht. Auch dieser Mangel verursacht später volkswirtschaftliche Schäden, wenn die schlechter ausgebildeten Jugendlichen auf den Arbeitsmarkt drängen – oder eben auch nicht.

„Wir wollten herausfinden, ob es bereits zu Beginn des Studiums Indizien dafür gibt, wer später hochbelastet ist und daher ein erhöhtes Burnout-Risiko hat“, erklärt Julia Karbach. Die Professorin für Pädagogische Psychologie untersuchte gemeinsam mit ihren Kollegen Frank Spinath (Professor für Differentielle Psychologie und psychologische Diagnostik, Universität des Saarlandes), Roland Brünken (Professor für Empirische Bildungsforschung, Universität des Saarlandes), F.-Sophie Wach (Diplompsychologin, Universität des Saarlandes) sowie Corinna Reichl (Universitätsklinikum Heidelberg, vormals Universität des Saarlandes) die Persönlichkeitsstruktur angehender Lehrerinnen und Lehrer sowie deren Motive für die Wahl des Lehramtsstudiums. Beteiligt war auch das Zentrum für Lehrerbildung an der Universität des Saarlandes.

Das Ergebnis: Bereits zu Beginn des Lehramtsstudiums weisen mehr Studentinnen und Studenten ungünstigere Stressbewältigungsstrategien auf als dies in anderen Berufsgruppen der Fall ist und sind somit später anfälliger für die Entwicklung eines Burnout-Syndroms.

„Wir haben die Studentinnen und Studenten vier grundsätzlichen Mustern zugeordnet: 1. motivierte, gesunde, stressresistente und engagierte Studenten, 2. eher ‚zurückgelehnte‘ Leute, die andere arbeiten lassen, aber dennoch gesund sind, 3. sehr motivierte Studierende, die hohe Ansprüche an sich selbst haben und deren psychische Gesundheit durch die Selbst-Überforderung gefährdet ist, und 4. junge Lehramtsanwärter, die so viel Stress empfinden, dass sie sich von der Arbeit bereits überlastet fühlen“, erklärt Psychologin Karbach.

Die 559 Probanden sowie die Kontrollgruppe aus 150 Psychologiestudenten haben einen Fragebogen ausgefüllt, der ihr Arbeitsverhalten und das Erleben ihres Berufes beziehungsweise Studiums erfasst. Darin wurden etwa die Leistungsbereitschaft, Stressbewältigungsstrategien sowie das subjektive Wohlbefinden bei der Arbeit abgefragt.

„Wir haben nun eindeutig festgestellt, dass gerade die intrinsisch motivierten, also die ‚Überzeugungstäter‘, die gerne Lehrer um des Lehrens willen werden möchten, eher entspannt sind und kein übermäßiges Burnout-Risiko tragen. Die extrinsisch motivierten Leute – also diejenigen, die das Studium gewählt haben, weil sie davon ausgehen dass es leichter ist als andere Studiengänge – haben hingegen ein höheres Risiko, in einer der Gefahrengruppen für Burnout zu landen“, fasst Julia Karbach die Ergebnisse zusammen.

Nützen könnten diese Ergebnisse zum Beispiel, um im Vorfeld des Studiums bereits bessere Angebote in der Studienberatung zu erstellen. So könnten Kandidaten, die ein erhöhtes Risiko tragen, später im Lehrerberuf „auszubrennen“, bereits im Vorhinein gewarnt werden, dass der Beruf für sie womöglich ungeeignet ist. Vielen wäre damit gedient: Den Lehrern selbst, die in einem anderen Beruf glücklich werden könnten, der Gesellschaft, weil sie die enormen direkten und indirekten Kosten sparen könnte, und nicht zuletzt den Schülerinnen und Schülern, die Lehrerinnen und Lehrern gegenübersitzen, die sie entspannt und motiviert aufs Leben vorbereiten.

Die Studie „Burnout risk among first-year teacher students: The roles of personality and motivation“ ist im Volltext online abrufbar: www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0001879114000694

Quelle: Universität des Saarlandes