Schlafstörungen sind ein typisches Symptom vieler psychiatrischer Erkrankungen, unter anderem von Depression, Angst und bipolarer Störung. Unbehandelt erhöhen Probleme mit dem Schlaf das Risiko, an einer psychiatrischen Störung zu erkranken. Ungefähr zwei von drei Patienten, die in eine Schlafklinik überwiesen werden, leiden parallel an einer Störung der Psyche. Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Psychiatrie haben kürzlich zwei Studien in der renommierten Fachzeitschrift „The Journal of Neuroscience“ veröffentlicht, die mehr Aufschluss über Schlafstörungen geben.
Die Arbeitsgruppe von Jan Deussing erforschte zunächst eine genetische Variante des P2X7 Rezeptors, die bis dahin mit Depression und Angst assoziiert wurde. Die Mäuse, die in der Studie gentechnisch so verändert waren, dass eine Kopie des Gens gegen diese Genvariante ausgetauscht wurde (heterozygot), zeigten Schlafstörungen sowie eine Beeinträchtigung der Rezeptorfunktion, die mit einer erhöhten Stressempfindlichkeit einherging. Danach untersuchten die Wissenschaftler die Auswirkung, die diese Variante bei Menschen hat. Sie fanden heraus, dass auch Menschen, die eine Kopie der Rezeptor-Variante in sich tragen, Störungen in ihren Schlafmustern aufweisen.
Deussing folgert daraus: “Dies ist eine interessante Entdeckung, da sie darauf hinweist, dass eine veränderte Funktion des P2X7 Rezeptors in heterozygoten Individuen den Schlaf stört. Dies wiederum könnte eine Erklärung für deren erhöhtes Risiko sein, eine Gemütsstörung zu entwickeln.“
Mayumi Kimura und Kollegen untersuchten in einer zweiten Studie, wie vor der Pubertät erworbene Fettleibigkeit den Schlaf im späteren Leben beeinflussen kann. Die Wissenschaftler wollten herausfinden, welche Auswirkungen auf die Schlafmuster sich im Erwachsenenalter bei Mäusen zeigen, die während der Pubertät eine hochkalorische Diät erhielten. Das Ergebnis: die vorübergehende Ernährungsumstellung reichte aus, um tiefgreifende und lang anhaltende Veränderungen im Schlaf hervorzurufen, die das ganze Leben lang anhielten.
Im nächsten Schritt versuchten die Forscher, die zugrunde liegenden Mechanismen zu identifizieren. Dabei fanden sie heraus, dass die Mäuse, denen die Diät verabreicht worden war, eine verminderte serotonerge Signalgebung im seitlichen Hypothalamus aufwiesen. Sie konnten diese verminderte Signalgebung umkehren, indem sie den Mäusen ein Peptid verabreichten, das normalerweise nach Sättigung durch den Darm freigesetzt wird. Dadurch konnten sie das Schlafmuster wieder umkehren und in seinen ursprünglichen Zustand versetzen.
“Diese Studien bringen uns einen bedeutenden Schritt vorwärts”, fasst Alon Chen, Geschäftsführender Direktor des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie, zusammen. „So verstehen wir die funktionellen Mechanismen von Schlaf und ihre Rolle bei psychiatrischen Erkrankungen besser.“
Weitere Informationen und Quelle: Max-Planck-Institut für Psychiatrie auf idw