Hat ein Mensch körperliche Beschwerden, ohne dass organische Ursachen für sein Leiden festgestellt werden, können psychische Einflüsse - eine so genannte somatoforme Störung - dahinterstecken. „Rücken-, Kopf-, Nacken- oder Gelenkschmerzen, Herzrasen, Schweißausbrüche, Schwindel oder Atemnot können Ausdruck belastender Lebenssituationen, von Stress oder Ängsten und versteckten Depressionen sein. Neben dem Ausschluss einer organischen Ursache ist es deshalb wichtig, seelische Einflüsse auf ein bestimmtes Krankheitsbild zu berücksichtigen“, rät Prim. Dr. Georg Psota, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie (ÖGPP), die ihren Sitz in Wien hat. Das Wechselspiel zwischen «Psyche und Soma (Körper)» ist auch das Motto der diesjährigen Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie (ÖGPP), die vom 23.-26. April 2014 in Gmunden in Oberösterreich stattfindet. In einer ganzen Reihe von Symposien werden Experten über den aktuellen Stand der Wissenschaft und die klinische Dimension von psychosomatischen Erkrankungen berichten. Dabei kommen auch Experten der Deutschen, der Schweizer und der Südtiroler Psychiatrie zu einem Länder übergreifenden Austausch zusammen. Man schätzt, dass bis zu einem Drittel der Patienten, die aufgrund diffuser Beschwerden oder Schmerzen einen Hausarzt aufsuchen, unter einer somatoformen Störung leiden. Zu dem Kongress werden inklusive dem integrierten Schülerkongress an die 900 Teilnehmer erwartet.
„Wenn Menschen dauerhaft Stressfaktoren ausgesetzt sind, ohne diese bewusst wahrzunehmen und ohne adäquat darauf zu reagieren, kann sich diese Belastung auch in körperlichen Symptomen äußern. Medizinisch unklare Körperbeschwerden, die auf psychische Einflüsse zurückgehen, können vielgestaltig sein. Dazu gehören chronische ungeklärte Magen-Darm-Beschwerden, Kopf-und Rückenschmerzen, Bluthochdruck, spezielle Störungen des Bewegungsapparates, Tinnitus oder auch spezifische Hauterkrankungen“, ergänzt der Experte. Die Beschwerden bei einer somatoformen Störung sind genauso belastend wie bei einer organischen Erkrankung. Die Anspannung durch die Beschwerden und die daraus resultierende verstärkte Aufmerksamkeit auf Körpersignale können bei den Erkrankten in einem Teufelskreis zu einer Verschlechterung der Symptomatik führen. Zudem haben die körperlichen Symptome meist Folge- oder Begleiterscheinungen, die das Leben der Betroffenen zusätzlich belasten.
Kein Zustand krankheitswertigen Leidens findet ohne psychische Beteiligung statt
Die Psychosomatik befasst sich auch mit körperlich erkrankten Patienten bei denen eine zusätzliche psychiatrische bzw. psychosoziale Problematik aufgetreten ist. „Wir wissen heutzutage, dass die Psyche Einfluss auf die Entstehung und den Verlauf von Erkrankungen wie beispielsweise Diabetes hat. Andererseits können sich solche Erkrankungen auch schwerwiegend auf die Psyche auswirken“, so Dr. Psota. „Zudem gibt es eine Reihe von somatischen Erkrankungen, die sich durch psychische Beschwerden bemerkbar machen und auf der anderen Seite haben ganz eindeutig psychische Erkrankungen auch körperliche Folgen. Psyche und Soma sind nicht trennbar, der Mensch ist ein Ganzes.“
Der Brückenschlag zwischen nicht-psychiatrischen und psychiatrischen Fachgebieten kann zu einer verbesserten Versorgung von Patienten beitragen. „Der Austausch und die Zusammenarbeit von unterschiedlichen medizinischen Fachdisziplinen sind die Vorrausetzung, damit psychiatrisch relevante Probleme schneller erkannt und Erkrankungen effektiver behandelt werden können“ betont der Experte. Der Kongress bietet eine optimale Plattform, um neben anderem die Rolle der modernen Psychiatrie und Psychotherapie im Hinblick auf Psychosomatik zu diskutieren. Daneben sollen auch die diagnostischen und therapeutischen Kriterien zahlreicher Krankheitsbilder wie Essstörungen oder dissoziativen Erkrankungen besprochen werden, deren Entstehung in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen hat.
Mehr Informationen unter zur ÖGPP-Jahrestagung unter www.oegpp.at/html/13_PDFS/HP_2014.pdf
Website der ÖGPP: www.oegpp.at