Orientierungslosigkeit, Angst und Halluzinationen sind Anzeichen von Verwirrtheitszuständen, die auch nach einer größeren Operation vorkommen können. Von dem sogenannten postoperativen Delir sind besonders ältere Menschen betroffen. Nun konnte eine Arbeitsgruppe Möglichkeiten zur Delir-Prävention präsentieren.
EEG-gestütztes Monitoring kann Delir-Häufigkeit signifikant reduzierenIn einer randomisierten kontrollierten Studie hat Prof. Spies von der Charité – Universitätsmedizin Berlin zusammen mit ihren Kollegen gezeigt, dass die postoperative Delir-Häufigkeit durch ein EEG-gestütztes Neuromonitoring der Narkosetiefe signifikant gesenkt werden kann. Dabei wird die elektrische Aktivität des Gehirns gemessen, indem Spannungsschwankungen an der Kopfoberfläche aufgezeichnet werden. Insgesamt 1.155 Patienten, die älter als 60 Jahre waren wurden in zwei Gruppen eingeteilt: Bei der Interventionsgruppe (n=575) haben die Anästhesisten während der Operation die Narkosetiefe mittels EEG überwacht. Bei der Kontrollgruppe (n=580) wurde das Monitoring verblendet. „Das EEG zeigt die Auswirkung der Narkose auf das Gehirn. Dies gibt uns die Möglichkeit, die Anästhesie präziser zu führen, Zustandsänderungen des Patienten während der Narkose zu erfassen und darauf zu reagieren”, führt Spies aus. In der Gruppe mit EEG-Monitoring wurden bei 16,7 Prozent der Patienten nach dem Eingriff Verwirrtheitszustände festgestellt. Der Anteil der Kontrollgruppe betrug dagegen 21,4 Prozent. „Aus der Studie geht hervor, dass die Wahrscheinlichkeit für ein postoperatives Delir mit einem entsprechenden Monitoring um 22,9 Prozent niedriger ausfiel“ ergänzt Priv.-Doz. Dr. Finn M. Radtke, Oberarzt an der Klinik für Anästhesiologie an der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Die Studienergebnisse wurden in der internationalen Fachzeitschrift British Journal of Anasthesia veröffentlicht.
Bedeutender Stellenwert der PräventionAngesichts der Tatsache, dass das postoperative Delir mit einem erhöhten Risiko für kognitive Störungen und Sterblichkeit einhergeht und die Therapieoptionen nicht zufriedenstellend sind, steht die Krankheitsprävention im Vordergrund. „Die Forschungsarbeit liefert daher wertvolle Hinweise, wie die Anwendung anästhesiologischer Überwachungsmethoden die Krankheitsentstehung beeinflussen kann“, sagt Werner und führt weiter aus: „Für den Patienten kann dies ein Plus an Lebensqualität, wenn nicht sogar eine höhere Überlebenschance bedeuten.“
Quelle: Pressemitteilung Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften auf idw