Serotonin ist ein zentraler Botenstoff, der wichtige Hirnfunktionen wie Sinneswahrnehmung, kognitive Steuerung, Regulation von Gefühlen, vegetative Prozesse und motorische Aktivität reguliert. Eine Vielzahl von Hirnregionen sowohl im Hirnstamm als auch in der Hirnrinde wird von den Nervenzellen versorgt, die ihre Signale über Serotonin weiterleiten.
Die Leipziger Forscher haben gesunde Probanden, die noch nie Antidepressiva eingenommen hatten, drei Stunden nach einer einmaligen Dosis von Escitalopram für 15 Minuten in einem Hirnscanner untersucht. Der Scan erfasst den Sauerstoffgehalt des Blutes als ein indirektes Maß für die Aktivität von Hirnregionen. Im Vergleich zu konventionellen Untersuchungen mittels funktionaler Magnetresonanztomografie (fMRT), verläuft dieser Scan im Ruhezustand, ohne dass der Studienteilnehmer im Scanner eine Aufgabe lösen muss, und macht die Architektur sogenannter funktioneller Ruhenetzwerke im Gehirn sichtbar.
Nach der Einnahme von Escitalopram ließen die Probanden ihren Gedanken freien Lauf, während die Forscher Gehirnscans durchführten, um daraus dreidimensionale Bilder der individuellen Gehirne und deren Netzwerke zu rekonstruieren. Eine computergestützte Analyse erlaubte es ihnen dann, die Zahl der einzelnen Netzwerkverbindungen zwischen diesen dreidimensionalen Bildpunkten zu bestimmen und auf diese Weise das gesamte Gehirn zu erfassen. „Die einmalige Einnahme von Escitalopram reduzierte die funktionellen Ruhenetzwerk-Verbindungen in den meisten Hirnregionen. Allerdings nahm gleichzeitig die Aktivität von Ruhenetzwerken im Kleinhirn und im Thalamus zu“, erklärt Julia Sacher vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften. Diese Beobachtungen liefern Hinweise auf eine wichtige Rolle von Serotonin für die funktionelle Netzwerk-Architektur des gesamten Gehirns.
Die Forscher wollen als nächsten Schritt die Variabilität dieser Ruhenetzwerkarchitektur zwischen verschiedenen Patientengruppen untersuchen. Besondere Hoffnungen setzen sie auf Vergleiche zwischen Patienten, die auf die Behandlung durch Antidepressiva unterschiedlich ansprechen. In zukünftigen Experimenten soll getestet werden, ob sich diese Methode dazu eignet, einen Therapieerfolg besser vorherzusagen.
Originalpublikation:
Schaefer A, Burmann I, Regenthal R, Arélin K, Barth C, Pampel A, Villringer A, Margulies DS, Sacher J.
Serotonergic modulation of intrinsic functional connectivity
Current Biology, 18. September 2014
Quelle: Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.