Fast 40% aller Suizide werden von über 60-jährigen Menschen begangen. Ursache dafür sind in den meisten Fällen Depressionen, die im höheren Lebensalter die häufigste psychische Erkrankung darstellen. Unter den 65-Jährigen leiden etwa sieben Prozent unter einer behandlungsbedürftigen Depression. Menschen, die in einem Alters- oder Pflegeheim leben, weisen ein noch höheres Risiko auf, an diesem Leiden zu erkranken – von ihnen sind 35 Prozent betroffen. „Die Symptome einer Depression im Alter sind nicht grundlegend anders als in jüngeren Jahren. Typisch sind Abgeschlagenheit, Verwirrtheit, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen im Tagesverlauf sowie depressive Gedanken bis hin zu Suizidgedanken“, erklärt Dr. Roger Pycha von der Sektion Trentino-Südtirol der italienischen Gesellschaft für Psychiatrie in Bozen. Die Symptome einer Altersdepression sind oftmals allerdings schwer zu erkennen, da sie von anderen Störungen wie beispielsweise einer Demenz überlagert sein können. Auch halten es Angehörige und Familienmitglieder fatalerweise oft für normal, dass ältere Menschen eine depressive Grundhaltung haben.
Angehörige sind in der Regel auf ihre Beobachtungsgabe und ihre Menschenkenntnis angewiesen, um depressive Tendenzen oder Suizidgedanken zu bemerken und zu reagieren. Das Reden über Probleme, die psychisch belastend sind, wird von den Betroffenen häufig als krisenentschärfend empfunden. „Auch Betroffene auf ihre Depressionen oder Selbstmordgedanken anzusprechen, kann für sie eine große psychische Erleichterung sein und ein erster Schritt in Richtung Krankheitsbewältigung darstellen. Depressive ältere Menschen scheuen sich oftmals davor, von selbst aus über ihre Selbstmordgedanken zu sprechen. Je nach Persönlichkeit, sehen sie es als eine Schwäche an, sie schämen sich für ihre Gedanken oder möchten ihre Umgebung damit nicht belasten“, erklärt Dr. Pycha, der Psychiater und Psychotherapeut ist. „Wenn in einem Gespräch Selbstmordgedanken geäußert werden, sollte man die Betroffenen dazu ermutigen, sich fachlichen Rat bei einem Psychiater zu suchen. Dabei kann es sinnvoll sein, selbst einen Termin für den Betroffenen zu vereinbaren und zunächst gemeinsam mit ihm zum Arzt zu gehen.“ Depressive Menschen sind von sich aus häufig nicht in der Lage, sich selbst in Behandlung zu begeben. Sind die Selbstmordabsichten sehr real, ist unter Umständen eine Klinikeinweisung notwendig.
Selbstmordgedanken sind meist Ausdruck einer scheinbaren Ausweglosigkeit aus einer bestimmten Lebenssituation und eben Anzeichen für eine schwerere Depression. Depressionen im Alter entstehen meist als Reaktion auf schwierige Begleiterscheinungen des Älterwerdens. Dazu gehören die nachlassende körperliche und geistige Leistungsfähigkeit, die Zunahme organischer Beschwerden, der Wegfall des sozialen Status durch Berentung oder der Tod von nahestehenden Personen und Einsamkeit. „Auch Ängste, die um die Gesundheit und den Verlust der Selbstständigkeit kreisen, können Depressionen nähren, wenn keine psychischen Bewältigungsstrategien vorliegen“, ergänzt Dr. Pycha. „Selbstmordgedanken sowie Ankündigungen und Androhungen, Selbstmord zu verüben, müssen immer ernst genommen werden. Dies gilt sowohl bezüglich der Selbsteinschätzung der Betroffenen, als auch für die Menschen in ihrem sozialen Umfeld.“ Depressionen sind heutzutage - auch im höheren Lebensalter – mit Hilfe von Medikamenten und/oder psychotherapeutischen Verfahren gut behandelbar.“
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