Manche Menschen blicken Weihnachten und dem Jahreswechsel sorgenvoll entgegen, weil dies eine Zeit ist, in der vermehrt Alkohol konsumiert wird und in der Lust und Frust des Trinkens mitunter gefährlich nah beieinander liegen. Bei Personen, die ein Familienmitglied mit Alkoholproblemen haben, ist die Besorgnis oft besonders groß. Denn die Alkoholprobleme eines Menschen haben oft nicht nur für den Betreffenden selbst sondern auch für die Personen in seiner Umgebung tiefgreifende Folgen. Weihnachten ist jedoch oft kein guter Zeitpunkt, ein Familienmitglied auf seinen problematischen Alkoholkonsum anzusprechen, da man Gefahr läuft, in einem klassischen Streitgespräch zu enden. „Zu Weihnachten kommt oft die ganze Familie zusammen. Konfrontiert man in dieser Situation ein alkoholabhängiges Familienmitglied mit seinen Alkoholproblemen, kann sich der Betroffene schnell angegriffen oder gar gedemütigt fühlen. Man läuft dann Gefahr, dass sich die Konfliktsituation verschärft und, dass der Süchtige versucht, seine negativen Gefühle auf gewohnte Weise durch den Konsum von Alkohol abzubauen. Hinzu kommt, dass alkoholabhängige Menschen sich und anderen nur selten ihre Abhängigkeit eingestehen“, meint Prof. Andreas Heinz von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) mit Sitz in Berlin.
Hilfsangebote für auch für Menschen mit beginnender Abhängigkeit vorhanden
Besser ist es, den Betroffenen in einem nüchternen Zustand in einer neutralen Situation, ohne erhobenen Zeigefinger anzusprechen. In einem Gespräch unter vier Augen ist es dann wichtig, Vorwürfe und Anschuldigungen zu vermeiden. Hilfreich ist es, dem Betroffenen Verständnis und Unterstützung zu signalisieren, aber auch problematischen Situationen zu benennen und ihn dazu zu motivieren, den ersten Schritt zu machen und eine Beratungsstelle oder einen Psychiater aufzusuchen. „Grundsätzlich richten sich die bestehenden Hilfsangebote nicht nur an schwerabhängige Menschen. Auch Personen, die eine beginnende Alkoholabhängigkeit abwenden möchten, finden dort Unterstützung und Hilfe“, betont der Experte. Einem Verwandten ohne Unterstützung selbst nachhaltig zu helfen, wird nur selten gelingen.
Alkoholkonsum von Abhängigen nicht durch eigenes Zutun fördern
Grundsätzlich ist es wichtig, einen alkoholabhängigen Menschen nicht dabei zu unterstützen, Alkohol zu konsumieren. „Als Angehöriger oder Partner eines alkoholkranken Menschen sollte man darauf achten, den Betroffenen nicht von sich aus mit Alkohol zu versorgen. So sollte man ihm beispielsweise den Alkohol nicht besorgen, auch dann nicht, wenn ansonsten ein Entzugssyndrom auftritt. Dann sollte man lieber einen Arzt oder einen Krankenwagen holen“, rät Prof. Heinz, der die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Berliner Charite leitet. „Ebenso unangebracht sind in geselliger Runde leicht daher gesagte Sprüche, wie «Lasst uns doch noch einen Trinken». Am besten sollte man selbst sowie auch die Verwandten an Weihnachten und den Feiertagen nicht viel oder gar keinen Alkohol trinken, wenn ein Familienmitglied mit Alkoholproblemen dabei ist.“ Ein Verbot zum Alkoholkonsum oder gar Drohungen auszusprechen ist jedoch auch kein guter Weg. Dadurch setzt man den Betroffenen unter Druck und provoziert Heimlichkeiten und auch Aggressionen, die zu einer Abkapselung des Betroffenen führen können.
Beratung und Selbsthilfe auch für Angehörige wichtig
Bei einer Alkoholsucht ist der Umgang mit der Erkrankung nicht nur für den Betroffenen, sondern auch für den Partner und die Angehörige schwierig. Für sie ist es grundsätzlich wichtig, bis zur erfolgreichen Behandlung selber mit der Situation klarzukommen und sich nicht aufzureiben. „Angehörige sollten für sich selbst eine Beratungsstelle aufsuchen und sich gut über das Erkrankungsbild informieren. Aufklärung und Hilfestellung kann für Sie den Umgang mit der Situation erleichtern und sie beispielsweise ein Stück weit vor Kränkungen durch den Alkoholkranken schützen“, rät Prof. Heinz. „Auch die Teilnahme an Selbsthilfegruppen kann sehr hilfreich sein, weil sie dort offen über ihre Probleme sprechen können und das Verständnis und die Toleranz gegenüber Problemen groß sind. Solche Selbsthilfegruppen gibt es auch speziell für Angehörige.“ Grundsätzlich ist es wichtig, dass sie auch an ihre psychische Gesundheit denken und lernen, sich hierfür konsequent zu verhalten und sich Freiräume zu erhalten.
Für Januar 2014 ist die Veröffentlichung einer neuen, interdisziplinären S3-Leitlinie zum Screening, der Diagnostik und der Therapie von alkohol- und tabakbezogenen Störungen geplant, die unter der Federführung der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) und der Deutschen Gesellschaft für Suchtforschung (DG-Sucht) erarbeitet wurde.
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