Demenzerkrankungen stellen für Betroffene aber auch für Angehörige eine enorme Belastung dar. Sie zählen zu den häufigsten und folgenschwersten psychischen Erkrankungen im Alter. Neben genetischen Einflüssen, die bei der Entwicklung einer Demenz eine Rolle spielen, gibt es weitere Risikofaktoren, die Großteils mit dem Lebensstil zusammenhängen und daher grundsätzlich gut beeinflusst werden können. „Wir gehen davon aus, dass in Deutschland jede dritte Demenzerkrankung vermieden werden könnte, wenn bestimmten Risikofaktoren gezielt entgegengewirkt würde. Einerseits müssen Vorerkrankungen wie Bluthochdruck oder Diabetes medizinisch gut eingestellt sein und andererseits kann jeder selbst durch einen gesunden Lebensstil dazu beitragen seine persönlichen Risiken zu senken“, berichtet Prof. Steffi Riedel-Heller von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) mit Sitz in Berlin. „Denn auch starkes Übergewicht im mittleren Lebensalter, mangelnde körperliche Aktivität und Nikotinkonsum erhöhen das Erkrankungsrisiko – wobei Rauchen und Bewegungsmangel besonders negativ hervorstechen.“ Als weiterhin problematisch für die Entwicklung einer Demenz gelten auch Depressionen. Hier sind verschiedene Mechanismen in der Diskussion. Zudem gehen depressive Erkrankungen oft mit körperlicher Inaktivität, einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie sozialer Isolation einer – also einer Risikokombination für dementielle Erkrankungen.
Prävention beginnt frühzeitig – Lifestyle des mittleren Lebensalters wegweisend
Es sind überwiegend die Grundsätze einer gesunden Lebensführung, mit denen das Erkrankungsrisiko für Demenzen gesenkt werden kann. Sie sind Stellschrauben für diverse Risikofaktoren, wie u. a. Stoffwechselerkrankungen oder Veränderungen an Gefäßen (vaskuläre Erkrankungen), die neurodegenerative Prozesse befördern können. Diese Risikofaktoren spielen nicht nur bei der Entstehung der vaskulären Demenz, sondern auch bei degenerativen Formen wie der Alzheimer-Erkrankung eine wichtige Rolle. „Vaskuläre Risiken und Stoffwechselprobleme lassen sich durch körperliche Aktivität, gesunde Ernährung und einen nur moderaten Alkoholkonsum sowie Nikotinverzicht positiv beeinflussen. Stellen sich im mittleren Lebensalter Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems wie Bluthochdruck ein oder liegen Suchterkrankungen wie etwa Rauchen vor, ist eine frühzeitige Behandlung und Hilfestellung wichtig. Das gilt auch bei depressiven Erkrankungen“, betont Prof. Riedel-Heller. „Auch bei Diabetes gilt, je länger er unzureichend behandelt wird, desto höher ist das Demenzrisiko.“ Natürlich ist es auch im höheren Lebensalter wichtig, bestehende körperliche Erkrankungen, Depressionen oder auch Suchterkrankungen umfassend behandeln zu lassen.
Körperliche Aktivität verzögert Abbauprozesse im Gehirn
Den positiven Einfluss regelmäßiger körperlicher Aktivität auf die körperliche Gesundheit, die Hirnleistung sowie die psychische Gesundheit sollte man nicht unterschätzen. Dies gilt in jedem Lebensalter, wobei auch noch Ältere im Hinblick auf die Vorbeugung einer Demenzerkrankung davon profitieren. „Regelmäßige körperliche Aktivität hilft auch älteren Erwachsenen, einer Demenz vorzubeugen. Sportliche Aktivitäten können dem altersabhängigen Verlust von Hirnvolumen entgegenwirken und verbessern das Gedächtnis. Bereits Bewegung moderater Intensität - beispielsweise zügiges Gehen für 30 Minuten an fünf Tagen die Woche - kann viel bewirken. Eine höhere Intensität dürfte noch größere Effekte erzielen“, ergänzt die Expertin. In einer großen deutschen Studie wurde sogar deutlich, dass sich genetische Risiken für eine Demenzerkrankung durch einen gesunden Lebensstil mit körperlicher Bewegung geradezu ausgleichen lassen. Bislang existieren keine Therapien, um den Beginn einer Demenzerkrankung zu verzögern oder gar zu verhindern. Umso bedeutungsvoller sind alle Maßnahmen, die umfassende gesundheitsförderliche Wirkungen erzielen und ein aktives Leben ermöglichen - auch mit allen Möglichkeiten der sozialen Teilhabe, da ein breites soziales Netzwerk und soziale Bindungen ebenfalls einen schützenden Effekt haben.
Als weitere so genannte Schutzfaktoren, die das Demenzerkrankungsrisiko senken, werden geistig stimulierende Aktivitäten, wie auch entsprechende mentale Anforderungen bei der Arbeit - beispielsweise mit eigener Planung und Durchführung von Arbeitsaufgaben -, ein hohes Bildungsniveau und ein höher sozialökonomischer Status angenommen.
In Deutschland sind rund 1,6 Millionen Menschen von einer Demenzerkrankung betroffen, etwa zwei Drittel von ihnen leiden an der Alzheimer-Krankheit. Hinter diesen Zahlen stehen nicht nur schwere Schicksale für die Betroffenen und ihre Angehörigen, diese Erkrankungen stellen auch die Solidargemeinschaft vor große Herausforderungen.
Quellen:
Luck T, Riedel-Heller SG. Prävention von Alzheimer-Demenz in Deutschland - Eine Hochrechnung des möglichen Potenzials der Reduktion ausgewählter Risikofaktoren, in Nervenarzt, Nervenarzt. 2016 Nov;87(11):1194-1200.
Riedel-Heller SG. Sinkende Neuerkrankungsraten für Demenzen? – Implikationen für eine public-health
orientierte Prävention. Psychiatr Prax. 2014 Nov;41(8):407-9.
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