Die Borderline-Persönlichkeitstörung (BPS) ist eine schwere, chronische psychische Erkrankung, die zu den Persönlichkeitsstörungen gezählt wird. Charakteristische Symptome sind impulsives Verhalten sowie starke Schwankungen im Gemütsleben. Das Selbstbild der Betroffenen ist äußerst fragil und auch in zwischenmenschlichen Beziehungen ist ihnen keine Stabilität möglich. Damit einhergehende Probleme dringen in viele Lebensbereiche vor, schränken die Fähigkeit, Beziehungen aufrecht zu erhalten, ein und können auch das Ausbildungs- und Berufsleben erheblich behindern. „Bei Borderline-Persönlichkeiten kann sich die Stimmung innerhalb von Sekunden verändern, was von Betroffenen als nur schwer kontrollierbar erlebt wird. Die zugrundeliegenden Emotionen können dabei oft nicht angemessen oder differenziert wahrgenommen werden und Betroffene erleben extreme Spannungszustände“, berichtet PD Dr. Stefan Röpke von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) mit Sitz in Berlin. „Es kommt oft zu emotionalen Ausbrüchen und sie sind nicht in der Lage, ihr impulsives Verhalten kontrollieren zu können. Im Zuge dieser überwältigenden Spannungszustände kann es auch zu einem dissoziativen Erleben kommen – was bedeutet, dass Betroffene sich selbst oder ihre Umgebung als fremd oder unwirklich erleben. Auch selbstverletzende Verhaltensweisen treten auf. Sie werden als Gegenimpuls eingesetzt, um innere Spannungen abzubauen.“ Neben Selbstverletzungen werden Drogenkonsum oder auch hoch riskante Aktivitäten eingesetzt, um die Anspannung zu lindern. Diese Verhaltensweisen werden dadurch jedoch rasch zu suchtartigem Problemverhalten.
Widersprüchliche Gefühle in Beziehungen: Sehnsucht nach Partner und Angst vor Nähe
Neben Spannungszuständen verspüren Borderline-Betroffene oft auch intensive aversive Emotionen wie Schuld, Scham, Ohnmacht und Selbstverachtung. Diese Gefühlswelt ist sehr belastend - auch für zwischenmenschliche Beziehungen. Große Schwankungen im Selbstwertgefühl und unklare Zielvorstellungen erschweren es zusätzlich, zufriedenstellende Beziehungen führen zu können. Kleinste Zurückweisungen werden als Enttäuschung erlebt und führen schnell zu einem generellen Misstrauen und Unbehagen. Zuweilen können auch dezente psychotische Erlebnisse eintreten – etwa weil sich der Betreffende ständig missverstanden fühlt. „Das Selbsterleben der Betroffenen besteht einerseits in einer starken Kontaktbedürftigkeit und andererseits einer gleichzeitig vorhandenen Angst vor großer Nähe. Wenn sich eine Borderline-Persönlichkeit emotional an einen Partner bindet, wird sie regelrecht von Gefühlen für diese Person überschwemmt. Parallel treten jedoch auch existenzbedrohliche Ängste ein, verlassen zu werden. Oft nehmen Borderline-Persönlichkeiten diesen Widerspruch selbst war, was für sie schwer zu ertragen ist“, schildert der Experte. Bei intensiven emotionalen Bindungen findet in der Anfangsphase oft eine Idealisierung des Partners statt, auf die nach einiger Zeit aus Gründen des Selbstschutzes dann eine Abwertung folgt. Die Neigung zu intensiven, aber unbeständigen zwischenmenschlichen Beziehungen kann zu wiederholten emotionalen Krisen mit Suiziddrohungen und -versuchen oder selbstschädigenden Handlungen führen.
Therapie verbessert Umgang mit starken Gefühlsschwankungen und Konflikten
Mittels professioneller Hilfe können Borderline-Patienten die vielfältigen Symptome der Persönlichkeitsstörung in den Griff bekommen. Neben psychotherapeutischen Verfahren können Medikamente eingesetzt werden – gegebenenfalls auch, um begleitende Beschwerden wie u.a. Depressionen oder Ängste zu lindern. Probleme in Beziehungen können durch langfristige Lösungswege verbessert werden. „Wichtig ist, den Betroffenen dabei zu helfen, ihre Fertigkeiten zur Emotionsregulierung zu verbessern und ihre sozialen Kompetenzen zu stärken. So kann die Neigung zu wechselhaftem unberechenbarem Verhalten in Beziehungen verändert werden. Hierfür ist es beispielsweise notwendig zu erkennen und zu verstehen, wieso Eskalationen entstehen und sich einen besseren Umgang schon während des Beginnens einer solchen Situation anzueignen“, erklärt Dr. Röpke. Auch die Partner sollten verstehen, worin das Potential für Eskalationen besteht und wie sie besser mit diesen Eigenschaften umgehen können, ohne sich verletzt zu fühlen. Durch ein besseres Verständnis für die störungsbedingten Verhaltensweisen oder Abwehrmechanismen und unvorteilhafte Verhaltensmuster, kann dann Raum für neues Verhalten entstehen.“ Mit professioneller Hilfe sind auch Borderline-Persönlichkeiten dazu in der Lage, eine glückliche und erfüllende dauerhafte Beziehung führen zu können.
In Deutschland sind etwa drei Prozent der Bevölkerung von einer Borderline-Persönlichkeitsstörung betroffen. Der Beginn der Störung zeigt sich oft in der Pubertät oder dem frühen Erwachsenenalter. Es scheinen etwa gleich viele Männer wie Frauen betroffen zu sein und es gibt kaum geschlechtsspezifische Unterschiede hinsichtlich des Störungsbildes.
Internet:
Interview mit PD Dr. Stefan Röpke zum Thema „Borderline-Persönlichkeitsstörungen“ unter:
www.generation-psy.de/kampagnen/borderline/
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