Auch wenn Außenstehende einem depressiven Menschen sein Leiden manchmal kaum ansehen, so ist es für ihn von bedrängender Wirklichkeit. Die psychische Erkrankung führt zu schweren Veränderungen im Erleben und Verhalten von Menschen und macht eine professionelle Behandlung in vielen Fällen erforderlich. Im Zentrum der Erkrankung stehen Stimmungs- und Antriebseinengungen, die über kurz oder lang die Persönlichkeit beeinträchtigen und das gesamte Lebensgefüge verändern. Die Zeit steht bei schweren Depressionen im Erleben still, die Hoffnung auf Besserung der Lebenssituation sowie des Befindens gehen verloren und eine erfüllte Zukunft ist nicht in Sicht. Eine besondere Schwere von Traurigkeit und Niedergeschlagenheit greift um sich, der Selbstwert sinkt und Betroffene können sich selbst nicht mehr positiv wahrnehmen. Depressionen engen unter Umständen den Handlungsspielraum entscheidend ein und können oft nicht alleine und ohne Hilfe bewältigt werden.
Bei einer professionellen Behandlung ist die Lage aber alles andere als aussichtslos. Depressive Episoden lassen sich heutzutage mit modernen Behandlungsmethoden oft gut beeinflussen, lindern oder sogar heilen und sie können die Lebensqualität der Betroffenen entscheidend verbessern. „Wesentliche Grundlagen der Behandlung von Depression sind die Durchführung einer Psychotherapie, der Einsatz antidepressiver Medikamente oder auch die Kombination beider Maßnahmen, denn psychotherapeutische und psychopharmakologische Therapien schließen einander in keiner Weise aus“, berichtet Prof. Dr. med. Joachim Küchenhoff, Sprecher der Schweizerischen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie (SGPP) mit Sitz in Bern. Bei der Wahl der Therapie wird grundsätzlich auch der Wunsch der Patienten berücksichtigt. Psychotherapien können gleichwertig zu einer alleinigen medikamentösen Therapie angeboten werden und gut aufgeklärte Patienten können dann für sich entscheiden, welche Behandlungsform für sie in Frage kommt. „Insbesondere bei leichten bis mittelschweren akuten Depressionen gilt heute die Psychotherapie als gleichberechtigtes erstes Mittel der Wahl, das betroffenen Menschen angeboten werden kann. Psychotherapeutische Maßnahmen sind dabei nicht nur in der Akutphase der Erkrankung bedeutsam, sondern auch darüber hinaus. Sie vermögen akute Depressionssymptome nachhaltig zu verringern, können aber auch in der Folge die Lebenssituation für die belasteten Menschen weiter verbessern, ein Stück weit vor einer Wiederkehr der Depression bewahren und die psychische Gesundheit langfristig positiv beeinflussen“, betont Prof. Küchenhoff. Von großer Wichtigkeit ist, dass Depressionen möglichst frühzeitig diagnostiziert und behandelt werden, da sich die Heilungschancen dadurch enorm verbessern und das Risiko für eine Wiederholung depressiver Episoden gesenkt wird.
Jedem Kranken können Hoffnungen für günstigen Einfluss auf Erkrankungsverlauf gemacht werden
Psychotherapie ist ein Überbegriff für eine Vielzahl unterschiedlicher Methoden. Etablierte Verfahren zur Behandlung von Depressionen haben unterschiedliche Herangehensweisen, aber manche Wirkfaktoren stimmen überein. „Depressive Menschen neigen aus verschiedensten individuellen biologischen und biografischen Gründen verstärkt dazu, sich selbst sowie die eigene Selbstwirksamkeit in Frage zu stellen und sich hilflos zu fühlen. Dieses Erleben und die damit verbundenen negativen Gedanken und Verhaltensweisen können mit therapeutischer Unterstützung positiv verändert werden“ erklärt der Experte. „Im vertraulichen zwischenmenschlichen Gespräch kann ganz gezielt herausgefunden werden, welche Ressourcen bei depressiven Menschen vorhanden sind und welche realistischen Veränderungsstrategien bestehen, die Erkrankte in dieser Situation oft selbst nicht für sich erkennen können. Erste spürbare Therapieerfolge sind bereits im Rahmen eines offenen, akzeptierenden und mitfühlenden Gesprächs zu erwarten und können ein befreiendes Potential bei Betroffenen entfalten. Jedem Kranken können Hoffnungen für einen günstigen Einfluss auf den Verlauf der Depression gemacht werden, was bei den oft überwältigenden Gefühlen von Ausweglosigkeit schon einmal sehr erleichternd sein kann.“
Die einzelnen psychotherapeutischen Techniken wählen unterschiedliche Herangehensweisen. Bei der kognitiven Verhaltenstherapie ist der Grundgedanke, dass jedes Verhalten erlernt wird und somit auch wieder verlernt werden kann. Es werden die gedanklichen Einstellungen zu sich und zum Leben hinterfragt und beeinflusst. Die psychodynamischen Psychotherapien gehen davon aus, dass Fühlen, Denken und Handeln aus Verletzungen und Konflikten der Lebensgeschichte entstanden sind und die Seele auch unbewusst weiter prägen. Neben diesen beiden klassischen Psychotherapierichtungen gibt es aber noch weitere Therapien, die bei der Behandlung von Depressionen eingesetzt werden, wie z.B. die interpersonelle Psychotherapie oder die achtsamkeitsbasierte kognitive Therapie. Wichtig ist grundsätzlich, dass erkrankte Menschen die vorhandenen Chancen einer Behandlung nutzen können und auch dazu bereit sind, eine Arbeitsbeziehung mit dem Therapeuten einzugehen, um problematische Denk- und Verhaltensmuster zu verändern.
Bei akuten, schweren Depressionen oder Krankheitsbildern mit psychotischem Erleben ist eine Medikamenteneinnahme notwendig und angezeigt. Auch in diesen Fällen sind ergänzende psychotherapeutische Maßnahmen mit Gewinn verbunden. Die meisten Depressionen klingen unter adäquater Behandlung nach wenigen Wochen bis mehreren Monaten langsam ab. Ist eine Depression sehr schwer und geht mit Suizidgefährdung einher, ist eine stationäre Behandlung hilfreich.
Patientenleitlinie "Unipolare Depression"
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