In der wörtlichen Übersetzung bedeutet Schizophrenie „Spaltungsirresein“, was zu Missverständnissen und falscher Verwendung von „schizophren“ in der Alltagssprache geführt hat. Schizophrenie hat nichts mit einer Persönlichkeitsspaltung zu tun. Die Erkrankung gehört zur Gruppe der so genannten Psychosen. Eine Psychose ist ein vorübergehender Zustand, in dem ein Mensch den Kontakt zur Wirklichkeit verliert und sich dabei oft von seiner Umwelt bedroht fühlt. „Schizophrenie ist eine häufige und schwere Form der psychotischen Erkrankung. Sie beginnt oft mit kleinen Veränderungen und alltäglichen Befindlichkeitsstörungen, wie beispielsweise Nervosität, Unruhe, Reizbarkeit, Konzentrationsschwächen, Schlafstörungen und einer gedrückte Stimmung. Beim Übergang in die akute Phase nehmen dann psychotische Symptome manchmal sehr rasch zu. Erkrankte können optische Halluzinationen erleben oder Stimmen hören, die andere nicht wahrnehmen. Auch Wahnvorstellungen sind typische Symptome, wobei die Wahngedanken oft ungewöhnliche, bedrohliche Szenarien wie Verfolgung und Beeinträchtigung zum Inhalt haben. Gleichzeitig leiden Patienten häufig unter ausgeprägten Ängsten und depressiven Verstimmungen“, berichtet Prof. Peter Falkai, Vorstandsmitglied und Past President der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN), die ihren Sitz in Berlin hat. „Für die Erkrankten kann der Ausbruch der Erkrankung dramatisch sein. Sie fühlen sich in dieser Situation oft unverstanden und isoliert, weil sich ihr Erleben erheblich von dem ihrer Umwelt unterscheiden kann. Viele Betroffene fühlen sich bedroht, müssen starke Ängste aushalten und empfinden eine große Verunsicherung durch die veränderte Realitätswahrnehmung und -verarbeitung.“ In vielen Fällen wird die Erkrankung erst beim Auftreten akuter psychotischer Symptome wie Wahnvorstellungen und Halluzinationen bemerkt.
Eine chronische und extrem behindernde psychische Erkrankung
Die Schizophrenie belastet nicht allein durch ihre Symptome. Besonders problematisch empfinden die Betroffenen oft die Reaktionen ihrer Mitmenschen. Verbreitete Vorurteile gegenüber der Erkrankung sowie die negativen Erfahrungen des „Ausgegrenzt-Werdens“ auf Grund einer psychischen Erkrankung führen dazu, dass die Erkrankten sich oft lange Zeit niemandem anvertrauen und nicht oder viel zu spät Hilfe suchen. Mit fortschreitendem Krankheitsverlauf ziehen sich Betroffene in der Regel immer mehr aus ihrem sozialen Umfeld zurück und die Bewältigung von Ausbildung oder Beruf wird immer schwieriger. „Eine schizophrene Psychose verändert das Leben je nach Art und Schwere der Störung in unterschiedlichem Ausmaß. Neben den äußerst belastenden psychotischen Symptomen treten meist auch Antriebsstörungen und kognitive Störungen, also Beeinträchtigungen von Konzentration, Gedächtnis und Aufmerksamkeit auf. Auch diese Symptome können im Alltag - insbesondere im Ausbildungs- und Berufsleben - große Einschränkungen mit sich bringen“, erklärt Prof. Falkai. „Psychose Erkrankte können in schweren Fällen von längerfristiger Arbeitsunfähigkeit und Frühberentung betroffen sein oder sie erreichen gar nicht erst das Arbeitsleben, weil die Erkrankung während der Ausbildung beginnt.“ Auch nach der Diagnose ist der Umgang mit der folgenschweren Erkrankung nicht einfach. Betroffene müssen sich damit auseinander setzen, dass sich ihr Selbstkonzept verändert hat und unter Umständen auch, dass soziale Kontakte und Lebenspläne verloren gegangen sind.
Behandlungsaussichten sind gut
Die Schwere der Erkrankung nimmt zu, je länger sie unbehandelt bleibt. Wenn die Schizophrenie jedoch früh erkannt und richtig fachärztlich behandelt wird, können die Betroffenen häufig ein weitgehend normales Leben führen. „Weil die Erkrankung insbesondere tiefe Verunsicherung und Ängste mit sich bringt, gehört es zunächst zur wesentlichen Aufgabe der Behandlung, zu beruhigen, eine mögliche Reizüberflutung zu begrenzen und Ängsten entgegenzuwirken. Auch die Aufklärung über das Erkrankungsbild ist dabei hilfreich. Insbesondere in einer akuten psychotischen Phase haben Medikamente einen großen Stellenwert, um die Symptome abzumildern und einer weiteren Verunsicherung der Patienten entgegenzuwirken“, ergänzt der Experte. „Ziel der Behandlung ist es, die Patienten so schnell wie möglich wieder zu stabilisieren. Häufig reicht eine ambulante Behandlung nicht aus, um die Krise zu bewältigen. Dann ist eine stationäre Behandlung notwendig an die langfristige Hilfsmaßnahmen anschließen.“
Psychotherapeutische Maßnahmen können es Betroffenen ermöglichen, ihre störungsspezifischen Beeinträchtigungen zu erkennen und auch deren Auswirkungen auf das Umfeld einzuschätzen. Durch gezielte Therapieangebote können sie lernen, ihre soziale Wahrnehmung, ihre verbale Kommunikation und ihre sozialen Fertigkeiten zu verbessern. Auch Einschränkungen der Aufmerksamkeit, des Arbeitsgedächtnisses und des planerischen Vermögens können mit Hilfe störungsspezifischer Verfahren behandelt werden. Hierfür können verhaltenstherapeutische Maßnahmen und auch computergestützte Trainingsmethoden eingesetzt werden. „Bei mehr als der Hälfte der Patienten bilden sich alle Symptome zurück, sodass sie ein nahezu normales Leben führen können - abgesehen von den Maßnahmen zur Rückfallvorbeugung. In den übrigen Fällen lässt sich durch eine konsequente Behandlung das Risiko, dass erneut schwere Schübe auftreten, deutlich verringern“, ergänzt Prof. Falkai. Ist die Rückkehr an den früheren Arbeitsplatz oder die früheren Arbeitsaufgaben aufgrund der Erkrankung nicht mehr möglich, können berufliche Rehabilitationsmaßnahmen notwendig sein.
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