Hat ein Mensch körperliche Beschwerden, ohne dass organische Ursachen für sein Leiden festgestellt werden können, kann eine so genannte somatoforme Störung dahinterstecken. „Rücken-, Kopf-, Nacken- oder Gelenkschmerzen, Herzrasen, Schweißausbrüche, Schwindel oder Atemnot können Ausdruck belastender Lebenssituationen, von Stress oder Ängsten und versteckten Depressionen sein. Neben dem Ausschluss einer organischen Ursache ist es deshalb wichtig, auch seelische Einflüsse auf ein bestimmtes Krankheitsbild zu berücksichtigen“, sagt Prof. Dr. med. Martin Bohus von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) in Berlin. „Betroffene haben oftmals zahlreiche körperliche Untersuchungen ohne Ergebnis hinter sich, bevor ein psychischer Auslöser in Erwägung gezogen wird. Sie sollten sich dann nicht vor einer psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung scheuen.“ Medizinisch unklare Körperbeschwerden, die auf psychische Einflüsse zurückgehen, können vielgestaltig sein. Auch Magen-Darm-Beschwerden wie Blähungen, Durchfall, Verstopfung und Speiseunverträglichkeiten, genauso wie eine schmerzhafte Periode bei Frauen oder Bewegungsstörungen können auftreten.Die Beschwerden bei einer somatoformen Störung sind genauso belastend wie bei einer organischen Erkrankung. Die Anspannung durch die Beschwerden und die daraus resultierende verstärkte Aufmerksamkeit auf Körpersignale führen bei den Erkrankten häufig in einem Teufelskreis zu einer Verschlechterung der Symptomatik. Zudem haben die körperlichen Symptome meist Folge- oder Begleiterscheinungen, die das Leben der Betroffenen zusätzlich belasten. „Sexuelle Gleichgültigkeit, Konzentrationsprobleme, Stimmungsschwankungen, Depressionen und andere Beeinträchtigungen im sozialen Leben treten oft parallel mit einer somatoformen Störung auf“, erklärt der Ordinarius für Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg. „Die meisten Betroffenen entwickeln zudem ein Schonungs- oder Vermeidungsverhalten, um die körperlichen Beschwerden zu reduzieren, was die Problematik weiter verstärkt und soziale Isolation fördert.“Betroffene bewerten ihre Symptome oft negativ verzerrt. Sie machen sich viele Sorgen um ihre Gesundheit und die möglichen Folgen der Beschwerden und richten ihre Aufmerksamkeit sehr stark auf körperliche Veränderungen und Empfindungen. „In einer Verhaltenstherapie können Strategien entwickelt werden, um mit den körperlichen Beschwerden besser umgehen zu können, was die Lebensqualität verbessert. So kann beispielsweise bei einem Patienten mit Schmerzen ohne organische Ursache ein Training der Aufmerksamkeit von diesem Reiz weg eine deutliche Verbesserung der Beschwerden bewirken“, erklärt Prof. Bohus, der auch Ärztlicher Direktor der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim ist.Man schätzt, dass bis zu einem Drittel der Patienten, die aufgrund diffuser Beschwerden oder Schmerzen einen Hausarzt aufsuchen, unter einer somatoformen Störung leiden.
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