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Warum Bewegung der Psyche gut tut

© Maridav - Fotolia.com

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Gegen übersteigerte Ängste, depressive Verstimmungen und zur Vorbeugung einer psychischen Erkrankung kann körperliche Aktivität helfen, empfehlen Experten des Berufsverbands Deutscher Psychiater (BVDP).

Die psychische Belastung hat während der Covid-Pandemie zugenommen und erfährt aktuell eine zusätzliche Steigerung angesichts des Kriegsgeschehens in der Ukraine. Gegen übersteigerte Ängste, depressive Verstimmungen und zur Vorbeugung einer psychischen Erkrankung kann körperliche Aktivität helfen, empfiehlt Dr. Christa Roth-Sackenheim, Vorsitzende des Berufsverbands Deutscher Psychiater (BVDP) mit eigener Praxis für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie in Andernach. Bewegung führt neurophysiologisch gesehen zu einer Ausschüttung verschiedener Transmitter – u.a. von Serotonin, Dopamin und Noradrenalin, die Glücksgefühle freisetzen, die Leistungsbereitschaft erhöhen und einen Belohnungseffekt vermitteln. Körperliche Aktivität hat auch neurotrophe Effekte, erhöht z. B. die Konzentration des Brain-derived neurotrophic factor (BDNF), der bei depressiven Menschen verringert ist. Das trägt dazu bei, Nervenzellverbindungen zu stabilisieren und zur gegenseitigen Vernetzung anzuregen, fördert also die neuronale Plastizität. Sport regt außerdem den Stoffwechsel an und unterstützt somit auch den Abbau von Stresshormonen.

Ermöglicht ein Umlernen von angstbesetzten Situationen
Sportliche Aktivitäten können nicht nur eine gute Ablenkung bieten, sondern auch die Aktivität im präfrontalen Kortex senken, der bei Depressiven hyperaktiv und an endlosem Grübeln und negativen Emotionen beteiligt ist. Auch Ängste, die ebenfalls den präfrontalen Kortex aktivieren, lassen sich durch körperliche Aktivität eher regulieren. „Denn Bewegung, die Spaß macht, kann ein Umlernen von angstbesetzten Situationen ermöglichen“, erläutert Roth-Sackenheim. Bei Panikpatienten könnte körperliches Training unter Umständen Ängste anfänglich auch verstärken, da körperliche Symptome wie z. B. eine Pulssteigerung auftreten, die einer einsetzenden Panikattacke ähneln. Davon sollten Betroffene sich aber möglichst nicht verunsichern lassen. Am besten informieren sie sich vorab über mögliche Symptome des Trainings, um gut vorbereitet zu sein. Wenn sie dann beim Training feststellen, dass solche Symptome eigentlich harmlos sind, lernen sie, dass sie ihre aufkommenden Angstgefühle selber regulieren und unter Kontrolle bringen können. Insofern kann Bewegung das Umlernen angstbesetzter Situationen fördern.

Erhöht die Selbstwirksamkeit, steigert das Selbstbewusstsein
Ein positiver Effekt von sportlichen Aktivitäten ist auch, dass sie die Selbstwirksamkeit erhöhen. „Indem sportlich Aktive schrittweise Leistungsgrenzen überwinden, entwickeln sie Selbstvertrauen und steigern ihr Selbstbewusstsein. Eine körperliche Überforderung ist dabei allerdings zu vermeiden, da sie sonst Gefahr laufen, die Lust am Training und die Eigenmotivation zu verlieren“, erklärt Roth-Sackenheim.

Trainingseinheiten von nur 30 Minuten bereits effektiv
Bei der oft gestellten Frage, wie viel Sport denn pro Woche erforderlich sei, gibt es eigentlich keine untere Schwelle. Bereits einzelne Einheiten von nur 30 Minuten können Panikattacken reduzieren. Allerdings sind ein regelmäßiges Training und meistens auch eine Anlaufzeit von etwa 8 bis 12 Wochen notwendig, bis sich nachhaltige Effekte beobachten lassen. „Eine ständige Leistungssteigerung und ein sich Quälen sind aber sicherlich nicht erforderlich - die Bewegung soll ja vor allem Freude machen. Dabei ist es nicht entscheidend, welcher Aktivität man nachgeht – sei es nun Ausdauertraining wie Joggen oder Tanzen, Krafttraining oder Yoga. Hauptsache, es ist eine Aktivität, für die man sich begeistern kann!“, betont Roth-Sackenheim.

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