Menschen, deren Leben durch zwanghaftes Verhalten - wie einem Wasch- oder Putzzwang - eingeschränkt wird, sollten das nicht hinnehmen, sondern sich einem Psychiater oder Psychotherapeuten anvertrauen. Denn Betroffene haben ein erhöhtes Risiko, zugleich an Depressionen zu erkranken. „Um ihr normales Leben aufrecht zu erhalten, versuchen viele Betroffene über lange Zeit ihre Zwangshandlungen zu verheimlichen. Aus Angst und Scham, von anderen für verrückt erklärt zu werden, verschweigen viele ihre Störung - solange es eben geht. Weil sie in der Regel um die Unsinnigkeit ihres Handelns wissen, aber keinen ausreichenden Widerstand dagegen aufbringen können, kommt es oft parallel zu einer depressiven Erkrankung, die den Leidensdruck weiter steigert. Zwangspatienten kann jedoch effektiv geholfen werden, wenn sie sich in psychiatrisch-psychotherpeutische Behandlung geben“, rät Dr. Christa Roth-Sackenheim, Vorsitzende des Berufsverbandes Deutscher Psychiater (BVDP) in Krefeld. „Mit einer Kombination aus Verhaltenstherapie und medikamentöser Behandlung profitieren die allermeisten Patienten langfristig und können wieder frei und selbstbestimmt leben.“ Die medikamentöse Behandlung wird mit einer Substanzgruppe durchgeführt, die auch zur Behandlung von Depressionen verwendet wird. Dabei greifen die so genannten selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer in den Hirnstoffwechsel ein und verbessern die Kommunikation zwischen den Hirnarealen.
Zwanghaftes Verhalten äußert sich in bestimmten Taten und/oder wiederkehrenden Gedanken. Zu den zwanghaften Handlungen gehören beispielsweise ein extremer Ordnungssinn, das Sammeln von bestimmten Gegenständen, ständiges Putzen oder Waschen sowie der Drang elektrische Geräte und Türschlösser kontrollieren zu müssen. „Betroffen wenden oftmals mehrere Stunden am Tag und auch viel Kraft dafür auf, diesen Zwängen nachzukommen. Viele werden durch ihre Zwangsattacken handlungsunfähig und können einen normalen Tagesablauf nicht mehr bewältigen“, fügt die Psychiaterin und Psychotherapeutin aus Andernach hinzu. Immer wiederkehrende zwanghafte Gedanken befassen sich häufig mit aggressiven Vorstellungen - etwa sich selbst oder andere zu verletzen. Auch beziehen sie sich auf sexuelle Phantasien, Erkrankungen, Unfälle oder drehen sich um das Thema Verschmutzung. „Patienten, die unter Zwangsgedanken leiden, setzen diese jedoch niemals in die Tat um sondern spielen diese nur im Kopf durch. Sie leiden im Gegensatz zu psychotischen Menschen nicht unter einem Realitätsverlust, der extreme oder gefährliche Handlungen zufolge haben könnte.“ Oftmals werden innere Zwänge auch von körperlichen Symptomen, wie Anspannung, Zittern, Schwitzen, Herzklopfen oder Zittern begleitet.
Die Ursachen für Zwangserkrankungen sind noch nicht vollständig geklärt. Es spielen nehmen der Erziehung und sozialen Faktoren auch genetische Einflüsse eine Rolle. Die Störung wird oft in Familien beobachtet, in denen weitere psychische Erkrankungen vorkommen. Bei dem Großteil der Patienten treten erste Symptome bereits im Kindes- und Jugendalter auf. In Deutschland sind rund zwei Prozent der Erwachsenen von Zwangserkrankungen betroffen.