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ADHS besteht im Erwachsenenalter häufig unerkannt fort

Die Aufmerksamkeitsdefizits-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) tritt im Kindesalter auf und mildert sich oft mit dem Erwachsenwerden ab. Bei einem Teil der Betroffenen besteht das Vollbild der Störung jedoch im Erwachsenenalter weiter. Sie müssen zum Teil mit erheblichen psychischen und sozialen Einschränkungen zurechtkommen, wenn die Störung nicht diagnostiziert und behandelt wird.

Die Aufmerksamkeitsdefizits-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) tritt im Kindesalter auf und mildert sich oft mit dem Erwachsenwerden ab. Bei einem Teil der Betroffenen besteht das Vollbild der Störung jedoch im Erwachsenenalter weiter. Sie müssen zum Teil mit erheblichen psychischen und sozialen Einschränkungen zurechtkommen, wenn die Störung nicht diagnostiziert und behandelt wird. „Die wesentlichen Symptome bei ADHS sind Aufmerksamkeitsdefizite bei fehlender Stimulation, Impulsivität und Hyperaktivität, wobei letztere bei Erwachsenen nur selten auftritt. Betroffene erleben eher eine chronische innere Unruhe, Nervosität, Einschlafstörungen sowie Anspannung und haben Schwierigkeiten, ihre Gefühle zu kontrollieren. Typischerweise fällt es ihnen schwer, den Alltag zu organisieren, planvoll vorzugehen und sich längerfristig auf etwas zu fokussieren. Sie wechseln Tätigkeiten, ohne die Sachen zu Ende bringen zu können - auch weil ihnen die Angelegenheiten als gleich wichtig erscheinen oder sie nicht entscheiden können, mit welcher sie fortfahren sollen“, erklärt Prof. Dr. Alexandra Philipsen von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde in Berlin. „Diese Erfahrungen sind in einer Leistungsgesellschaft zum einen überaus frustrierend und deprimierend. Zum anderen können sie erhebliche Auswirkungen auf das Ausbildungs- und Berufsleben haben und die Lebensgestaltung sowie insbesondere die berufliche Karriere erheblich behindern.“ ADHS tritt bei zwei bis vier Prozent der Erwachsenen auf, wird jedoch oft nicht oder lange nicht erkannt und behandelt. Der Verlauf ist chronisch.

Frühzeitige Diagnose verringert Risiko für Begleiterkrankungen

In vielen Fällen können die Einschränkungen über eine bestimmte Zeit kompensiert werden, etwa im Kindesalter durch die Unterstützung der Eltern, so dass die Störung zunächst unerkannt bleibt. An bestimmten Punkten im Leben können die Einschränkungen dann jedoch überhand nehmen und zum Abbruch von Ausbildung oder Studium führen oder einen Arbeitsplatzwechsel notwendig machen. Auch ungeplante Schwangerschaften, Verkehrsunfälle, Scheidungen und Arbeitslosigkeit treten bei ADHS häufiger auf. „Um Benachteiligungen im Beruf und im Privatleben zu verringern, noch bevor sich wichtige Weichen gestellt haben, ist es wichtig, dass Betroffene mit entsprechenden Symptomen professionelle Hilfe wahrnehmen und einen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie aufsuchen. ADHS-Betroffene haben ein erhöhtes Risiko, zusätzliche psychische Erkrankungen zu entwickeln, wodurch sich dann auch die Diagnose erschwert“ warnt Prof. Philipsen. „Im Erwachsenenalter haben etwa 80 Prozent der Betroffenen zusätzliche psychische Erkrankungen – insbesondere Depressionen, Angsterkrankungen und Suchterkrankungen, die das Ausmaß der Beeinträchtigungen zusätzlich verstärken. Manche dieser Begleiterkrankungen wie Depression und Sucht müssen dann zuerst behandelt werden und erschweren die ADHS-Therapie.“

Wirksame Therapien für Patienten

Die Notwendigkeit einer Behandlung von ADHS ist davon abhängig, wie stark Betroffene in ihrem Leistungsvermögen und ihrem Sozialleben beeinträchtigt sind und welchen Leidensdruck sie verspüren. Eine Therapie ist auch dann wichtig, wenn Betroffene zur Entspannung übermäßig Alkohol oder andere Suchtmittel konsumieren. Je nach Ausprägung der Störung und eventuell zusätzlich vorhandener psychischer Erkrankungen können verschiedenen Therapiebausteine gleichzeitig oder nacheinander angewendet werden. „Die Psychoedukation ist ein Baustein, der das "Verstehen" der Krankheit und den Umgang damit verbessern kann. Sie kann für Betroffene bereits eine erhebliche Entlastung darstellen, weil ihnen klar wird, dass ihre Einschränkungen nichts mit Charakterschwäche zu tun haben sondern erkrankungsbedingt sind“, meint die Expertin. „Sie unterstützt auch bei der Verbesserung der Selbstorganisation im Alltag, hilft beim Stressmanagement sowie bei der Stimmungsregulation und bei der Impulskontrolle. Weiterhin sind verhaltenstherapeutische Maßnahmen günstig. Sie können Betroffene darin unterstützen, geeignete Problemlösungsstrategien zu entwickeln, die eine verbesserte Kompensation der ADHS-Symptome im Alltag ermöglichen. Zudem können Sie Patienten beim Umgang mit möglichen sozialen Konsequenzen durch ADHS helfen.“ Auch eine medikamentöse Behandlung mit dem Wirkstoff Methylphenidat oder anderen Arzneimitteln wie Atomoxetin kann sinnvoll sein. Bei einem Teil der Betroffenen werden erst durch die Wirkung der Medikamente weitere, nicht medikamentöse Behandlungsmaßnahmen möglich. Grundsätzlich gilt jedoch, dass eine medikamentöse Behandlung in der Regel erst dann in Betracht kommt, wenn andere, nicht medikamentöse Maßnahmen nicht ausreichend wirksam waren.

Pressemitteilung DGPPN auf www.psychiater-im-netz.org

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