„Depressionen haben einen negativen Einfluss auf die Therapie und die Prognose von Krebspatienten. Dabei sind es nicht die negativen Gefühle, Selbstzweifel und Traurigkeit als typische Bestandteile von Depressionen, die einen ungünstigen Einfluss nehmen. Insbesondere aufgrund des Antriebsmangels erfolgt oft eine verspätete Diagnose und Behandlung, wodurch sich die Prognose verschlechtert. Beeinträchtigte kognitive Fähigkeiten, also Schwächen der Gedächtnis-, Aufmerksamkeits- und Denkleistung tragen dazu bei, dass das ärztliche Gespräch an Qualität verliert, länger dauert und die Therapieplanung beeinträchtigt. Auch haben Betroffene erkrankungsbedingt oftmals eine geringere Therapiebereitschaft, weswegen Behandlungen öfter frühzeitig abgebrochen werden. Hinzu kommt eine erhöhte Suizidgefahr“, berichtet Prim. Dr. Georg Psota, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie (ÖGPP), die ihren Sitz in Wien hat. „Die doppelte Belastung beider Erkrankungen und oft auch doppelte Stigmatisierung, die der Patient erlebt, können in einen Teufelskreis mit einer Verschlechterung beider Krankheiten führen. Eine frühzeitige gemeinsame Behandlung von körperlichen und psychischen Erkrankungen ist daher von großer Bedeutung für den Therapieerfolg und die Lebensqualität der Betroffenen.“ Eine routinemäßige Untersuchung auf eine mögliche bestehende oder entwickelte Depression sollte immer Bestandteil bei der Versorgung von Krebspatienten sein.
Anhaltende Stimmungstiefs abklären lassen
Nicht jede Niedergeschlagenheit, Hoffnungslosigkeit oder Trauer, die während einer Krebserkrankung auftritt ist zwangsläufig Anzeichen einer Depression. „Es ist nicht ungewöhnlich, dass im Verlauf einer schweren Erkrankung immer wieder Phasen der Verzweiflung und Traurigkeit auftreten. Jeder Patient hat das Recht, auch traurig zu sein, nicht immer alles positiv zu sehen und sich zuweilen auch gehen zu lassen, wenn ihm danach zumute ist. Betroffene sollten sich in solchen Situationen dann nicht selbst unter Druck setzen oder unter Druck gesetzt werden, sich «doch zusammen zu reißen» oder die Situation positiver zu sehen. Dies würde zusätzlich belasten“, meint Prim. Dr. Psota. „Bestehen negative Gefühle und depressive Symptome jedoch über einen längeren Zeitraum als zwei Wochen, sollte man dies bei den behandelnden Ärzten unbedingt ansprechen.“ Zu den Kernanzeichen bei Depression zählen eine gedrückte Stimmung, Interessen- und Freudlosigkeit sowie mangelnder Antrieb und erhöhte Ermüdbarkeit. Dazu kommen mindestens zwei (häufig mehrere) Krankheitszeichen wie Schuldgefühle, Suizidgedanken, Appetitlosigkeit und Konzentrations- oder Schlafstörungen. Weil einige dieser Symptome, wie Erschöpfung oder Appetitlosigkeit, auch im Rahmen der Nebenwirkungen einer Krebstherapie auftreten können, sollte die Diagnose einer Depression immer durch einen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie erfolgen.
Begleitende antidepressive Therapie bei Krebs gut möglich
Voraussetzung für die erfolgreiche Behandlung einer Depression sind zunächst die fachgerechte Diagnose und das Erkennen der Ursachen. Depressive Episoden lassen sich mit modernen Behandlungsmethoden oft rasch heilen oder lindern und die Lebensqualität der Betroffenen damit entscheidend verbessern. Wesentliche Grundlage der Behandlung ist der Einsatz antidepressiver Medikamente, die Durchführung einer Psychotherapie oder die Kombination beider Maßnahmen. „Antidepressiva können helfen, das bei einer Depression gestörte Gleichgewicht von Botenstoffen im Gehirn wiederherzustellen. Sie sind ab einer mittelgradigen Depression in der Regel notwendig. Ist die Einnahme von Antidepressiva angebracht, muss insbesondere bei Krebspatienten bei der Auswahl der Wirkstoffe auf deren Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit den Medikamenten der Krebstherapie geachtet werden. Antidepressiva mit einem geringen Interaktionsrisiko mit anderen Arzneimitteln stehen zur Verfügung und sollten bevorzugt unbedingt werden“, rät Chefarzt Dr. Psota. „Eine psychotherapeutische Behandlung konzentriert sich auf die seelischen Aspekte der Depression. Sie kann helfen, Konflikte zu erkennen und zu lösen, die der psychischen Erkrankung möglicherweise zu Grunde liegen. Auch kann sie Patienten darin unterstützen, mit Niedergeschlagenheit, Schmerz und Angst umgehen zu lernen und auch Trauer besser zu bewältigen.“ Psychotherapie hat dabei nichts mit dem Erkennen von Tumorerkrankungen zugrundeliegender ungelöster Konflikte zu tun. Derartige Thesen sind veraltet und unrichtig und setzen Patienten unter entbehrlichen zusätzlichen Druck. Ganz im Gegenteil dazu soll und kann die psychische Betreuung zur Stärkung des Selbstwertgefühls beitragen und die allgemeine Krankheitsbewältigung unterstützen.
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