Bis zu 15 von 100 Frauen können in den ersten drei Monaten nach der Geburt eine Depression entwickeln, bei etwa die Hälfte von ihnen kommt es dabei zu einer milden bis moderaten Ausprägung der Erkrankung. Doch nicht nur die Mütter, sondern auch die Väter können im Rahmen dieses Ereignisses eine depressive Symptomatik entwickeln. Das Risiko ist offenbar besonders hoch, wenn bereits die Partnerin an einer postpartalen Depression erkrankt ist. „Depressionen nach der Geburt unterscheiden sich im Hinblick auf die Symptome kaum von einer Depression, wie sie auch in anderen Lebensphasen auftreten kann. Bei Vätern ist die psychische Erkrankung in der Regel aber schwächer ausgeprägt als bei Müttern. Mütter empfinden zudem oft übermächtige Schuldgefühle und sorgen sich darum, das Kind nicht angemessen versorgen zu können“, berichtet Dr. Sabine Köhler vom Berufsverband der Nervenärzte (BVDN) mit Sitz in Krefeld. „Typische Begleiterscheinungen einer depressiven Erkrankung sind Erschöpfung, Antriebslosigkeit, Schlafstörungen, Reizbarkeit, sexuelle Unlust und eine schwankende Stimmung. Bei Vätern entwickeln sich diese Symptome oft erst allmählich und treten nicht abrupt nach der Geburt des Kindes auf.“ Bis zu 25 Prozent der Väter können im ersten Jahr nach der Geburt eines Kindes eine Depression erleiden. Leidet die Partnerin unter postpartalen Depressionen, steigt das Erkrankungsrisiko der Väter auf bis zu 50 Prozent(1).
Hormonelle Umstellungen und neue Belastungssituation für Väter
Die Hintergründe von Depressionen bei Vätern nach der Geburt sind noch relativ unklar. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die besonderen psychischen und physischen Belastungen der neuen Lebenssituation eine Rolle spielen. Zudem kommt es auch bei werdenden Vätern zu Veränderungen im Hormonhaushalt, denn ihr Testosteronspiegel sinkt bereits während der Schwangerschaft der Frau (2). „Auch wenn man sich im Vorfeld auf das Baby freut, ist es nicht immer leicht, mit den Veränderungen und Anforderungen fertig zu werden. Mütter und Väter haben es in unserer Gesellschaft immer noch zu schwer, den Erwartungen der Berufswelt an sie und den familiären Bedürfnissen nachzukommen. Zudem möchten sich viele Väter heutzutage noch verbindlicher im Vatersein engagieren“, ergänzt die Psychiaterin. In Teilen der Gesellschaft ist das Bewusstsein für die veränderten Herausforderungen an Väter noch ungenügend, und demzufolge besteht noch zu wenig Verständnis für deren Bedürfnisse, Ängste und Sorgen. Nicht selten schämen sich junge Väter am Arbeitsplatz und in den Betrieben, wenn sie für ihr krankes Kind da sein möchten oder müssen oder auch, wenn Sie Elternzeit nehmen.
Als Risikofaktoren für eine postpartale Depression bei Vätern gelten unter anderem eine frühere depressive Erkrankung, Partnerschaftsprobleme sowie belastende finanzielle Umstände aber auch unzutreffende Erwartungen an die Vaterrolle. Das Erkrankungsrisiko ist nicht von den Persönlichkeitsmerkmalen des Vaters abhängig. Eine zeitnahe Hilfestellung ist bei depressiven Erkrankungen nach der Geburt wichtig, damit sich die Problematik nicht auf das ganze Familienleben ausdehnt. “Es ist wichtig, dass die Partner offen miteinander reden, was sie beschäftigt. So können sich beide gegenseitig darin unterstützen, sich in der neuen Situation zurechtzufinden. „Halten depressive Verstimmungen jedoch an, sollten junge Eltern sich nicht scheuen, zeitnah psychiatrisch-psychotherapeutische Unterstützung zu suchen. Denn postpartale Depressionen erhöhen jeweils auch für den Partner das Risiko, an einer Depression zu erkranken“, betont Dr. Köhler.
Quellen:
- Goodman JH.; Paternal postpartum depression, its relationship to maternal postpartum depression, and implications for family health; J Adv Nurs. 2004 Jan; 45(1)
- Edelstein R.S.; Prenatal hormones in first‐time expectant parents: Longitudinal changes and within‐couple correlations; American Journal of Human Biology; 15 Dezember 2014
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