Männer, die an Depression erkrankt sind, zeigen in vielen Fällen Symptome wie Gereiztheit, Aggressivität und Ärger-Attacken. Die klassischen Begleiterscheinungen von Depressionen wie Freudlosigkeit, Niedergeschlagenheit und Antriebsmangel sind oft ebenfalls im Hintergrund vorhanden, werden aber von den anderen Symptomen überlagert und meist erst zu einem späteren Zeitpunkt der Erkrankung deutlich. „Eine Depression zeigt sich bei Männern häufig nicht durch Gefühle von Hoffnungslosigkeit und Traurigkeit, sondern in Form von Reizbarkeit, Ärger und Enttäuschung. Häufig treten Betroffene in Situationen geradezu feindselig auf, wirken unkontrolliert und neigen zu einer nach außen gerichteten Vorwurfshaltung“, sagt Prof. Dr. med. Wolfgang Maier, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN), die ihren Sitz in Berlin hat. „Gereiztheit und plötzliche Wut können in Kombination mit körperlichen Symptomen wie Herzklopfen, Kurzatmigkeit und Schwindelgefühlen einhergehen sowie mit Angst und einem Gefühl des Kontrollverlustes.“ Als weitere Anzeichen von Depressionen bei Männern können unter anderem eine herabgesetzte Stresstoleranz, allgemeine Unzufriedenheit sowie auch erhöhte Aggressivität und Risikobereitschaft sowie antisoziales Verhalten auftreten.
Männer zeigen im Gegensatz zu Frauen deutlich seltener und weniger intensiv hilfesuchendes Verhalten - auch weil Betroffene dazu neigen, die Erkrankung zu verdrängen. Männer führen Befindlichkeitsstörungen häufig auf Stress und berufliche Belastungen zurück und ziehen eine psychische Erkrankung eher nicht in Betracht. Auch von Ärzten werden Depressionen bei Männern daher oft nicht erkannt. Frühsymptome wie Schlafstörungen oder erhöhte Erschöpfbarkeit führen bei männlichen Patienten dann oft nicht zu adäquaten Behandlungsmaßnahmen. „Männern fehlt dabei oft das Krankheitsgefühl, sie projizieren ihre Probleme eher auf die Umwelt. In vielen Fällen reagieren depressive Männer auf die Erkrankung mit vermehrtem Zigaretten- und Alkoholkonsum oder allgemein riskantem Verhalten“, berichtet Prof. Maier, der auch Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Bonn ist. „Ein Arzt wird häufig erst dann konsultiert, wenn körperliche Beschwerden wie Erschöpfung und Schlaflosigkeit oder ein „Burnout“-Gefühl gravierende Auswirkungen auf den Lebensalltag haben oder Betroffene die gesundheitlichen Spätfolgen von vermehrtem Alkohol- und Nikotinkonsum verspüren.“ Suchterkrankungen sind häufige Begleiterkrankungen von Depression - insbesondere bei Männern.
Die Neigung zum Suizid mit aggressiven Methoden ist ein weiteres häufiges Symptom bei Männern mit Depressionen. „Die Suizidrate ist bei Männern etwa dreimal höher als bei Frauen, obwohl Frauen häufiger den Versuch unternehmen. Männer neigen bei der Ausführung dabei eher zu aggressiveren Versuchen als Frauen, weswegen die Suizidraten höher sind“, ergänzt der Experte. Bis zu 70 Prozent aller Suizide erfolgen im Rahmen einer Depression.Eine Depression entsteht in der Regel aus dem Zusammenwirken mehrerer Faktoren. Genetische Veranlagung, neurobiologische Störungen sowie bestimmte Entwicklungs- und Persönlichkeitsfaktoren, frühkindliche Traumen, Belastungen, Kränkungen und Verlusterlebnisse bilden die Basis der meisten Erklärungsmodelle. Als akute Auslöser einer depressiven Episode kommen unter anderem persönlich belastende Ereignisse oder Überforderungssituationen in Betracht.
In der Regel gilt, dass Depressionen umso langwieriger behandelt werden müssen, je ausgeprägter sie sind und je länger sie bereits bestehen. Daher ist eine frühzeitige Therapie bei einem Facharzt wichtig, auch um den Krankheitsverlauf abzumildern. Grundsätzlich sind Depressionen heute sehr gut behandelbar und es stehen je nach Verlauf medikamentöse und psychotherapeutische Möglichkeiten zu Verfügung. „Männer profitieren nicht nur von pharmakologischer Therapie, sondern auch von der Psychotherapie. Kognitive oder interpersonelle Verhaltenstherapien wirken genauso wie bei Frauen, sobald subjektive und geschlechtsspezifische Aspekte ihrer Lebenswelt in die Therapie einfließen“, betont Prof. Maier.
Depressionen zählen zu den häufigsten und folgenreichsten psychischen Störungen. In Deutschland sind 8,1 Prozent der Erwachsenen von depressiver Symptomatik Betroffen. Bei 10,2 Prozent der Frauen wird die Erkrankung diagnostiziert, bei Männern sind es 6,1 Prozent.
Quellen: Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1) des Robert-Koch-Instituts Der Hausarzt 2012; 49 (3): 47-49
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